Abstract
Die Zertifizierung der Brustzentren nach den Kriterien der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) und der Deutschen Gesellschaft für Senologie [[ 1 ]] hat seit Initiierung der Zertifizierung im Jahre 2002 dazu geführt, dass in Deutschland derzeit 143 Brustzentren (Stand 31. März 2007) zertifiziert sind. Dokumentiert behandelt wurden in den zertifizierten Brustzentren 28 567 Patientinnen, was nach den Inzidenz-Schätzungen des RKIs von 2006 für das Jahr 2002 einer prozentualen Rate von 50 % an der Gesamtzahl der geschätzten Karzinome entspricht. Erstmalig in Deutschland wurden Strukturen definiert, nach denen interdisziplinäre Zusammenarbeit zum Wohle der Patientinnen durch vertragliche Vereinbarung festgeschrieben und deren Qualität durch entsprechenden Nachweis bei jährlichen Fach-Audits nachgewiesen werden muss. Zeitgleich zur Einführung dieses Zertifizierungssystems für Brustzentren wurde in Deutschland für den stationären Bereich das DRG-System und das Disease Management Programme (DMP) Brustkrebs für den ambulanten Bereich implementiert. Beide Vergütungssysteme arbeiten aber nicht in einer primär vorgesehenen sektorübergreifenden Funktion, sondern sind getrennt voneinander zu sehen. Die Definition der Qualität der Versorgung der Patientinnen mit Mammakarzinom erfolgt in Deutschland durch die S3‐Leitlinien sowohl zur Früherkennung des Mammakarzinoms wie auch zur Diagnostik und Therapie. Beide S3-Leitlinien sind 2004 implementiert worden und befinden sich derzeit in einem Überarbeitungsprozess. Basierend auf den hier definierten Qualitätskriterien sind interdisziplinäre Versorgungsstrukturen in den Brustzentren aufgebaut worden, deren Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität in den Zertifizierungs-Audits sowohl für das Qualitätsmanagement System nach KTQ oder ISO 9001: 2000 sowie für den Fach-Anforderungskatalog nachgewiesen werden. Die Voraussetzungen für eine europäische Zertifizierung wurden bereits 2000 geschaffen [[ 2 ]] und waren gewissermaßen Grundlage für das deutsche Vorgehen. Eine Akkreditierung bei der European Society of Mastology (EUSOMA) erfolgte in Deutschland für 19 Breast Units. Aufgrund der EUSOMA-Vorgaben wären in Deutschland ca. 240 - 320 (3 - 4 Units pro 1 Million Einwohner) Brustzentren erforderlich. Eine internationale Begutachtung berücksichtigt v. a. strukturelle Voraussetzungen mit Mindestmengen. Sind wir hier also in Deutschland mit unsren Zertifizierungen und Finanzierungen auf dem richtigen Weg? Die Schere klafft in der Definition der Qualität auf der einen und des dafür zur Verfügung stehenden Entgelts auf der anderen Seite. Da zum Zeitpunkt der Einführung des DRG-Systems die Berechnungshäuser weder zertifizierte Brustzentren hatten, keine qualitätsgesicherten Merkmale erfüllen mussten und interdisziplinäre, haftungsrelevante Behandlungsabläufe durch die S3-Leitlinien nicht definiert waren, fehlen diese Bestandteile eines Qualitätsprogrammes in der Berechnung der DRGs. Kostenträgerrechnung für interdisziplinäre Brustzentren an Krankenhäusern und Universitätsklinika erfordern äußerst komplexe Berechnungsmodelle und Strukturierungen. In der vorliegenden Arbeit von Wagner et al. [[ 3 ]] wird am Beispiel des Universitäts-Brustzentrums Franken (UBF) Erlangen für das Jahr 2005 eine auf ein neu definiertes Kalkulationsmodell durchgeführte Deckungsrechnung vorgelegt. Diese zeigt eindeutig, dass Maßnahmen wie Zertifizierungskosten, psychoonkologische Betreuung, Zusatzdokumentationen, interdisziplinäre Abstimmungen mit Erarbeitung von SOPs, Durchführung der Tumorkonferenzen, Implementierung und Durchführung von klinischen Studien etc. durch die Erlössituation der Brustzentren nicht gedeckt sind. Die für das Universitäts-Brustzentrum Franken (UBF) berechneten Defizite schwanken für das Jahr 2005 zwischen ca. 760 000 und 1 100 000 Euro. Berücksichtigt ist hierbei das Brustzentrum als isoliertes Zentrum, das heißt, ohne die Quersubventionierung, insbesondere im Personal mit Bereitschafts- und Nachtdiensten durch das Vorhalten für Bereiche wie Geburtshilfe oder andere operative Tätigkeiten. Nicht gegengerechnet sind die Einnahmen aus dem DMP, eine Teilberechnung der PKV-Patientinnen und die Patientinnen in primär metastasierter Situation, die nach anderen DRGs behandelt werden. Kalkulationen für eine alleinige Breast Unit liegen nicht vor. Wird Qualität auch bezahlt? Nein! Bei Berechnung im Kalkulationsmodell müsste die Base Rate für die Behandlung einer Patientin mit primärem Mammakarzinom ca. 4000 Euro anstelle von 3100 - 2700 Euro im Jahr 2006 betragen haben, um im Universitäts-Brustzentrum Franken (UBF) eine komplette Kostendeckung, ohne Gewinn, zu erreichen. Die Differenz zwischen dem Realwert 2006 und dem Kalkulationswert von 2006 sind 1300 Euro, ein Defizit, das durch klinikinterne Quersubventionierung gedeckt werden müsste. Dass diese erstmalig formulierte Kalkulation für ein komplettes interdisziplinäres Brustzentrum nicht unrealistisch ist, zeigt eine aktuelle Publikation von Köckemann und Lillteicher [[ 4 ]], welche in ihrer Kalkulation die zusätzlich anfallenden Kosten in Nordrhein-Westfalen berechnet haben. In Nordrhein-Westfalen sind gemäß des Anforderungskataloges des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit (MFJFG) die Brustzentren über das Ministerium definiert worden. Hierbei zeigt sich bei der Kostenkalkulation für die zusätzlichen Aufwendungen, wie Qualitätsmanagement, Patientinnenbetreuung, Brust-Sprechstunde, Diagnostik und Therapie, Personalmanagement, Informationsmanagement, Gesamtkostenstruktur und...

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