Abstract
Male blackbirds (Turdus merula L.) were confronted with auditory stimulation which simulated the singing behaviour of a conspecific with a shared vocal repertoire. Simulated interactions: (1) conspecific singing with no particular temporal relationship to the birds' songs, (2) responding with temporally overlapping matching (rapid matching; reply delay 1 s), or (3) responding with alternating matching (reply delay 3 s). Control: solo singing and confrontation with songs of a conspecific stranger, or noise‐patterns. Results: When being exposed to replies, matching and overlapping their songs, birds reduced their singing duration and avoided singing on perches linked with this program. Amplitude increase (45, 55, 65, 75 dB) amplified these effects. When being exposed to replies matching but not overlapping their songs, birds responded dependent on the individual singing programs. Since neighbouring conspecifics share song types the result might help to elucidate functional mechanisms of distance regulation.Zusammenfassung: Untersuchungen zur Organisation und Steuerung des Gesangs von Amseln (Turdus merula) haben gezeigt, wann und wie Artgesang mit zeit‐ und muster‐spezifischen Reaktionen beantwortet wird. Bei der vorliegenden Untersuchung ging es nunmehr darum zu prüfen, wie eine Amsel ihrerseits derartige Reaktionen bewertet. Zur Klärung dieser Frage wurden 5 männliche Amseln unter standardisierten Bedingungen (Versuchsraum) mit Reizprogrammen beschallt, die das Gesangsverhalten eines Artgenossen mit übereinstimmendem Strophen‐repertoire simulierten. Für die Erzeugung der Reizmuster (= Replikate) wurde der Replikator (Abb. 1) eingesetzt.Simulierte Interaktionsformen waren: Der Artgenosse singt, reagiert aber nicht auf die Strophen der Versuchstiere (Rückspielverzögerung = RV: 60 s, Programm II); beantwortet deren Strophen mit Kontersingen, ohne es jedoch zeitlich zu überlappen (RV: 3 s; Programm III); beantwortet die Strophen der Versuchstiere mit Konterantworten, die vor Ende der Strophen einsetzen (RV: 1 s; zunehmend oft in Programm IVa–IVd). Die Lautstärke der Replikate betrug maximal 55 dB sowie ergänzend bei einem Versuchstier maximal 45, 65 und 75 dB. Zur Kontrolle wurde der Sologesang der Versuchstiere regi‐striert (Programm 0) und ihr Verhalten bei Konfrontation mit einem ihnen fremden Artgesang (Programm I) sowie mit überlappenden Rauschmustern untersucht (Programm V; Abb. 2). Ergebnisse: Bei Konfrontation mit Replikaten, die schnelle Konterantworten simulierten (d. h. als künstliche Echos in die Gesangsstrophen einfielen), verkürzten die Tiere die Dauer ihrer Gesänge. Ferner vermieden sie es, auf Singwarten zu singen, auf denen sie diesem Reizprogramm ausgesetzt waren (Tab. 1; Abb. 3, 7, 8). Die negative Wirkung der die Strophen zeitlich überlappenden Replikate nahm mit steigender Lautstärke zu (Abb. 4). Bei Konfrontation mit Replikaten, die den vom Tier gerade gesungenen Gesangsstrophen entsprachen, jedoch erst nach deren Ende einsetzten, reagierten die Vögel individuell unterschiedlich. Die negative Wirkung der Reizungen hing stark vom Eigenprogramm der Tiere ab. Nur diejenigen Amseln verkürzten ihre Gesangsdauer oder vermieden das Singen auf Warten, auf denen sie diesem Programm ausgesetzt waren, die ein flexibles Gesangsprogramm aufwiesen und (offenbar dadurch) im Unterschied zu den festgelegt singenden Individuen außerordentlich häufig versuchten, die Replikate auch selbst wieder mit Gesangsstrophen zu kontern (Tab. 2; Abb. 5, 6). Bei der Reizung mit Replikaten, die so weit verzögert vorgespielt wurden, daß kein zeitlicher und auch kein musterspezifischer Bezug mehr zur jeweils vorausgehenden Strophe eines Versuchstieres bestand, verànderte dieses seine Gesangsdauer gegenüber dem Sologesang nicht. Entsprechendes ergab sich beim Vorspiel von Artgesang, dessen Strophen im Repertoire einer Amsel nicht vorhanden waren. Demgegenüber führte Reizung mit Rauschmustern, die die Endteile der Versuchstierstrophen zeitlich überlagerten, zu einer deutlichen Verkürzung des Singens (Tab. 1). Wegen der offenkundig aversiven Wirkung von Konterantworten, die die Strophen eines Vogels zeitlich überlagern, interpretiere ich die aktive Form des schnellen Konterns (schnelles Matching) als „vokales Drohen”. Dieses könnte eine Rolle bei der Distanzregulation zwischen Nachbarn spielen, die (1) über ähnliche Repertoires an Gesangsstrophen verfügen und (2) im Begriff sind, benachbarte Reviere zu gründen.