Armut und Arbeitsmarkt: Zum Zusammenhang von Klassenlagen und Verarmungsrisiken im Sozialstaat

Abstract
Zusammenfassung In der bundesrepublikanischen Armutsdiskussion werden vorrangig Probleme der Messung der Armutsbevölkerung sowie Lücken im sozialen Sicherungssystem thematisiert. Der vorliegende Beitrag stellt dagegen die Verursachungsbedingungen im primären Verteilungssystem in den Vordergrund. Deshalb werden Arbeitsmarktprozesse zum Ausgangspunkt der Analyse von Armut genommen. Erst in einem zweiten Schritt wird nach den Bedingungen, Möglichkeiten und Restriktionen der arbeitsmarkt-zentrierten sozialen Sicherungssysteme gefragt. Das Verarmungsrisiko wird unter dem Gesichtspunkt ungleich verteilter Lebenschancen betrachtet, die sich aus hierarchisch strukturierten ‚Marktlagen‘ ergeben. Strategien der ‚Schließung‘ von ‚Marktlagen‘ bestimmen primär die Lebenschancen von Individuen und damit auch das Verarmungsrisiko. Diese Risiken lassen sich unter Rückgriff auf neuere Theorien segmentierter Arbeitsmärkte näher eingrenzen und anhand historisch-konkreter Arbeitsmarktkonstellationen empirisch bestimmen. Die anschließende Analyse der Wirkungen sekundärer Umverteilungssysteme weist Defizite der staatlichen Bearbeitung benachteiligter Marktlagen nach, die aus ihren Konstruktionsprinzipien resultieren. Um solchen Defiziten entgegenzusteuern, bedarf es zum einen präventiver Maßnahmen, die in die Allokationsregeln des Arbeitsmarktes selbst eingreifen. Zum anderen scheint - hierzu komplementär - eine Rekonstruktion der sekundären Verteilungssysteme erforderlich zu sein, die eine stärkere Entkoppelung von Arbeitsmarktstatus und bedürfnisgerechten Leistungen einschließt.

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