Die charakteristische AT‐III‐Bindungsregion in Heparin: eine Leitstruktur für neue synthetische Antithrombotica

Abstract
Heparin, ein sulfatiertes Glycosaminglycan, ist ein bekanntes Anticoagulans, dessen Wirkung über den Serin‐Protease‐Inhibitor Antithrombin III (AT III) vermittelt wird. Heparin ist seit mehr als einem halben Jahrhundert zur Prophylaxe und Behandlung venöser Thrombosen und Thromboembolien in klinischer Anwendung. Noch bis in die 80er Jahre hinein nahm man an, daß die biologische Aktivität von Heparin hauptsächlich auf seinen polyanionischen Charakter zurückzuführen sei. Als man jedoch entdeckte, daß ein Teil der Heparin‐Polysaccharide eine wohldefinierte Pentasacchariddomäne enthält, die spezifisch AT III bindet und aktiviert, geriet dieses Paradigma ins Wanken. Biologische Untersuchungen an mehreren synthetischen Heparin‐Analoga erhellten die Spezifität der Wechselwirkung zwischen diesem charakteristischen Pentasaccharid und AT III. Dieser Aufsatz gibt eine Übersicht über die Synthese des Heparin‐Pentasaccharids, einiger nahe verwandter Strukturen und einiger stark modifizierter Analoga. Mit Molecular Modeling und „maßgeschneiderten”︁ strukturellen Modifizierungen an diesem Pentasaccharid konnten zahlreiche Erkenntnisse über Struktur‐Aktivitäts‐Beziehungen gewonnen werden. Dies gab nicht nur den Anstoß für die Entwicklung wirksamerer und einfacherer Derivate, sondern ermöglichte auch ein detailliertes Verständnis der Erkennung von Heparin und AT III auf molekularer Ebene.