Abstract
Die Erfolge der pädiatrischen Onkologie beruhen im Wesentlichen auf der zunehmenden Kenntnis der speziellen Tumorbiologie für die bei Kindern und Jugendlichen vorkommenden bösartigen Erkrankungen und den seit über 25 Jahren durchgeführten Therapieoptimierungsstudien. Diese Therapieoptimierungsstudien eröffnen heute etwa 75 % der an Krebs erkrankten Kinder und Jugendlichen eine Heilungschance und haben durch ihre flächendeckende Anwendung eine Versorgungsstruktur in Deutschland etabliert [ 1 ], die im internationalen Vergleich ihresgleichen sucht. Nach den Daten des Kinderkrebsregisters werden über 90 % der in Frage kommenden Patienten nach Protokollen behandelt, die detaillierte Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie beinhalten [ 2 ]. Diese Protokolle sind diagnosebezogen und beschränken sich nicht nur auf einzelne Untergruppen, so dass allen Kindern und Jugendlichen mit dieser Erkrankung die derzeit bestmögliche Chance auf Heilung eröffnet wird. Der Verzicht auf die Einbringung von krebskranken Kindern in ein kooperatives Behandlungsprotokoll kann dagegen die Überlebenschancen eindeutig vermindern, wie am Beispiel der besonders bösartigen Non Hodgkin Lymphome gezeigt worden ist [ 7 ]. Durch die langjährige supranationale Verflechtung der GPOH mit der International Society of Pediatric Oncology (SIOP) und internationale Kooperationen sind weiterhin die Anforderungen der evidenzbasierten Medizin erfüllt, da das international verfügbare Fachwissen Grundlage der aktuellen Protokolle ist. In Deutschland haben nach den §§ 2, 70, 72, 135 SGB V der Patient ein Anrecht auf die Weiterentwicklung der Qualität der Behandlung und die Krankenhäuser die Verpflichtung, sich an einrichtungsübergreifenden Maßnahmen der Qualitätssicherung zu beteiligen. Dieser qualitätssichernde Aspekt der Therapieoptimierungsstudien kann im Zusammenhang mit der flächendeckenden Versorgung krebskranker Kinder in Deutschland nicht hoch genug bewertet werden. Sowohl vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) [ 4 ], der Kassenärztlichen Bundesvereinigung als auch dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen wird dies ausdrücklich positiv bewertet [ 6 ]. Im Rahmen des Förderprogramms „Kompetenznetze in der Medizin” des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) wird der Punkt der Qualitätssicherung mit als ein primäres Ziel definiert, um langfristig eine hoch qualifizierte, evidenzbasierte Medizin in Deutschland zu gewährleisten. Diesem Ziel, die Kooperationen zwischen Forschungseinrichtungen, Kliniken und Hausärzten - im Rahmen einer horizontalen und vertikalen Vernetzung - zu fördern, entspricht das „Kompetenznetz Pädiatrische Onkologie und Hämatologie” (Sprecher: Prof. Dr. Dr. h. c. Henze, Charité, Berlin). So sind z. B. die Zusammenarbeit mit Grundlagenforschern, die epidemiologische Ursachenforschung, die klinische Behandlung und ambulante Nachsorge im Zusammenwirken mit niedergelassenen Ärzten miteinander verzahnt, wobei die onkologisch tätigen Klinikärzte eine koordinierende Funktion haben. Dieses Förderprogramm optimiert letztlich die Gesundheitsversorgung krebskranker Kinder und Jugendlicher durch strukturelle Verbesserungen, die die Durchführung von Therapieoptimierungsstudien nachhaltig unterstützen und der Generierung neuer Fragestellungen dienen. Die Integration von „Good Clinical Practice” (GCP-Richtlinien) in die Therapieoptimierungsstudien der Pädiatrischen Onkologie ist bereits heute vor Novellierung des Arzneimittelgesetzes weit fortgeschritten. Jedes neue Studienprotokoll wird im Rahmen der Begutachtung durch externe Gutachter auch auf die Einhaltung der GCP-Richtlinien überprüft. Nur bei positiver Bewertung kann z. B. das Gütesiegel A der Deutschen Krebsgesellschaft verliehen oder die personelle Förderung der Studienzentrale durch die Deutsche Krebshilfe bzw. die Deutsche Kinderkrebsstiftung erhalten werden. Hier ist die Zusammenarbeit mit den Koordinierungszentren für Klinische Studien auf eine tragfähige Grundlage zu stellen. Die vorhandenen Netzstrukturen sind durch das Kompetenznetz Pädiatrische Onkologie und Hämatologie u. a. durch die Bereitstellung von so genannten Forschungs- und Studienassistenten (FSA) erheblich verstärkt worden, so dass nicht nur die Datenqualität in den Studienzentralen, sondern auch die Kommunikation zwischen Studienzentralen und teilnehmenden Kliniken entscheidend erleichtert ist. Der Aufbau einer Tumorbank im Rahmen der interdisziplinären Therapieoptimierungsstudien eröffnet völllig neuartige Perspektiven vor dem Hintergrund der aktuellen Genom- und Proteomforschung. International halten die mit den Therapieoptimierungsstudien der GPOH erzielten Behandlungsergebnisse jedem Vergleich stand, obwohl der Benefit der flächendeckenden Versorgungsstruktur der GPOH-Protokolle ein wesentliches Merkmal darstellt [ 2 ]. Somit sind die Zielsetzungen der EU-Richtlinien antizipiert und bereits erfolgreich umgesetzt worden. Bei Inkrafttreten der neuen Gesetzgebung ist daher darauf zu achten, dass die bislang erfolgreiche Arbeit in den Therapieoptimierungsstudien nicht durch ein Übermaß an Regulierung behindert und der Spielraum für innovative klinische Forschung eingeschränkt werden, wie dies von der American Society of Clinical Oncology erst kürzlich mahnend dargelegt worden ist [ 3 ]. Durch die Gleichstellung nicht-kommerzieller klinischer Studien, die das Surrogat der Patientengerechtigkeit erfüllen, mit Arzneimittelstudien im engeren Sinn durch die 12. Novelle des Arzneimittelgesetzes entsteht insofern eine neue Situation, als keine Hinweise zur...

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