Die beiden Arten der Muskelnarkose1)
Open Access
- 1 June 1922
- journal article
- Published by Georg Thieme Verlag KG in Deutsche Medizinische Wochenschrift (1946)
- Vol. 48 (26) , 857-859
- https://doi.org/10.1055/s-0028-1133078
Abstract
Es lassen sich also am Muskel zwei Arten der Narkose unterscheiden: die eine verläuft unter Kleinerwerden der Zuckungen, die alle gleich lang sind, die andere weist am Beginn eine Erhöhung der Kontraktion unter gleichzeitiger Verlängerung des Zuckungsverlaufes auf, bis unter weiterer Verzögerung der Ausdehnung die Zusammenziehungen immer kleiner werden. Bei der ersten Art wird die Umsetzung des Reizes in die Erregung aufgehoben = Narkose der animalen Funktion. Bei der zweiten leidet das Fortschaffen der Milchsäure und ihr Wiederaufbau zur zersetzbaren Vorstufe, also ein Stoffwechselprozeß = Narkose der vegetativen Funktion. Durch das längere Bestehenbleiben der Milchsäure, der Kontraktionssubstanz, bei der zweiten Art werden die Zuckungen nicht nur länger, sondern auch höher, weil die sekundären Prozesse der Verkürzung Zeit haben, die sonst schon schwindende Milchsäure besser auszunutzen; später leidet die Bereitstellung neuer Energie immer mehr, und die Zuckungen werden immer kleiner. Daher findet man auch in solchen Fällen eine Neigung zur Kontraktur (Kontraktur nach Blausäure, Verschmelzung zum Tetanus bei wenig frequenten Reizen nach Alkohol, Leistungssteigerung des Herzens nach Digitalis bei gleichzeitiger Verzögerung der Erholung und später systolischer Stillstand). Je nach der angewandten Konzentration tritt nach ein und demselben Stoff bald die eine Art der Narkose, bald die andere auf. — Die beiden verschiedenen Formen der Narkose lassen sich auch am Einzeller, an Vortizellen, zeigen, deren Stiel durch einen elastisch gespannten Faden verkürzt und durch Spannung des umgebenden Schlauches ausgedehnt wird. Es scheint also die Unterscheidung der beiden Arten der Narkose für alle Zellen zu gelten, sichtbar ist sie nur an kontraktilem Gewebe.Keywords
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