Vergleichende Verhaltensbiologie der Chilopoden Scutigera coleoptrata L. (“Spinnenassel”) und Scolopendra cingulata Latreille (Skolopender)1)
- 12 January 1960
- journal article
- Published by Wiley in Zeitschrift Fur Tierpsychologie
- Vol. 17 (1) , 11-30
- https://doi.org/10.1111/j.1439-0310.1960.tb00191.x
Abstract
Zusammenfassung: Das bisher unbekannte Fortpflanzungsverhalten der Chilopoden wurde an Scutigera coleoptrata L. und an Scolopendra cingulata Latreille untersucht. Bei beiden Arten wird der Samen durch Spermatophoren übertragen. Bei Scutigera bildet sich während eines höchst verwickelten Paarungsspiels eine Spermatophore an der Genitalöffnung des ♂; es setzt sie auf den Boden ab und führt das ♀ so, daß es mit seiner Geschlechtsöffnung Spermien aus der Spermatophore aufnimmt. Sie besteht aus zwei Sekrethüllen und dem den Samen enthaltenden Kern. Beim Aufeinandertreffen reifer Scutigera‐♂♂ mit unreifen ♀♀ zeigen diese eine Begegnungsreaktion, die auch beim ♂ vorkommen kann. Das Beuteschema von Scutigera enthält taktile und olfaktorische Schlüsselreize. Ein Gegenstand muß gewisse strukturelle oder chemische Eigenschaften haben, um als Beute zu gelten. Dem Biß folgt eine weitere rein geruchliche Kontrolle. Chemische und taktile Sinnesorgane liegen auf den Antennen, Beinen und Mundwerkzeugen. Das Scolopendra‐♂ setzt nach einem komplizierten Vorspiel eine Spermatophore mit dreischichtiger Hülle auf ein vorher gesponnenes Gewebe ab. Das ♀ heftet sie, vom ♂ geführt und durch das Gewebe gesteuert, an der Genitalöffnung an, worauf die Spermatophore an einer vorgebildeten Stelle platzt und die Spermien in die Vulva ergießt. Das Verhalten des Scolopendra‐♂ läuft vom Beginn des Gewebebaus an starr ab. Das Geschlecht lebender Scolopender läßt sich leicht erkennen, wenn man die Tiere mit CO2 betäubt und dann die letzten, sonst verborgenen Segmente herausdrückt. Bei Scolopendra cingulata findet eine mehrere Monate dauernde Pflege der Eier und der Jungen statt. Beim Aufeinandertreffen zeigen die Scolopender typische Schreck‐ und Abwehrreaktionen, normalerweise mit Beißhemmung. Offenbar können die Tiere auch ohne Gifterguß beißen. Scolopendra nimmt Beute mit dem an Antennen und Mundwerk‐zeugen lokalisierten chemischen Sinn wahr. Scolopendra cingulata baut Gangsysteme, die unter Steinen beginnen. Die Bauten von Scolopendra haben keine Revierbedeutung und werden bei nächtlicher Futtersuche für immer verlassen.Keywords
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