Instrumentalphonetische Untersuchungen zu Auswirkungen der Elektrostimulation subkortikaler Hirnstrukturen auf glottal-supraglottale Artikulationsmechanismen bei Patienten mit M. Parkinson und multipler Sklerose
- 1 December 2003
- journal article
- schwerpunktthema
- Published by Georg Thieme Verlag KG in Sprache · Stimme · Gehör
- Vol. 27 (4) , 161-170
- https://doi.org/10.1055/s-2003-45166
Abstract
Die vorliegende Studie hat die Auswirkungen der Elektrostimulation subkortikaler Hirnstrukturen auf glottal-supraglottale Artikulationsmechanismen bei 5 Patienten mit M. Parkinson und bei 5 Patienten mit multipler Sklerose zum Gegenstand. Unter Verwendung eines Signalverarbeitungssystems (CSL von Kay Elemetrics) wurden Produktionsparameter analytisch aus Produktionsabschnitten zu schnellen Silbenwiederholungen mit Plosiv-Vokal-Kombinationen gewonnen. Die Kombinationen wurden unter Stimulation bzw. Nichtstimulation aufgezeichnet und im Zeitsignal mit Bezug zum Spektrogramm segmentiert. Zudem wurden auf den Produktionsparametern basierende Kombinationsparameter erhoben. Durch signifikant unterschiedliche Mittelwerte mehrerer Parameter können für beide Krankheitsbilder pathologiespezifische Stimulationsauswirkungen nachgewiesen werden. Sie bestehen tendenziell bei den Patienten mit M. Parkinson einmal in einer auf eine mangelnde Verschlussbildung hinweisenden Frikativisierung der Verschlussphase einiger Plosivproduktionen, wodurch eine reduzierte artikulatorische Präzision belegt wird. Zum andern bestehen sie in einer größeren Vokaldauer des dem Plosiv folgenden Vokals bzw. in einer geringeren Dauer der Verschlussphase und der VOT. Bei den Patienten mit multipler Sklerose sind diese Produktionscharakteristika zwar tendenziell auch vorhanden, jedoch in weniger ausgeprägter Form. Schließlich wird in dieser Studie die Notwendigkeit einer individuellen Betrachtung des Artikulationsverhaltens unter Stimulationseinfluss offenkundig. Sie wird einmal durch eine patientenbezogen unterschiedliche Anzahl von signifikant unterscheidenden Parametern unter beiden Bedingungen belegt, zum andern wird sie durch das Ergebnis unterstrichen, dass bei einem Patienten mit M. Parkinson gegensätzlich zu den anderen Patienten dieser Gruppe eine Verbesserung des Artikulationsverhaltens unter Stimulation zu erkennen ist. Ein Vergleich der pathologiespezifischen Tendenzen der Stimulationsauswirkungen für beide Krankheitsbilder verdeutlicht, dass bei den Patienten mit M. Parkinson die artikulatorischen Prozesse in ihrer zielgerichteten Abfolge und Ausführung mehr in Mitleidenschaft gezogen werden als bei den Patienten mit multipler Sklerose. The present study examines the effect of deep brain stimulation on glottal and supraglottal articulation in 5 parkinsonian patients and 5 patients with multiple sclerosis. With the help of a Computerized Speech Lab (CSL from Kay Elemetrics), a number of production parameters were defined and measured in fast syllable repetitions, consisting of plosive-vowel-combinations. These had been recorded with and without stimulation and were segmented in the microphone signal using the spectrogram as an additional source of information. Further, on the basis of these parameters, combination parameters were defined. Different intra-subject means under the two conditions indicate the potential negative effect on articulation under neurostimulation: For the parkinsonian patients a tendency is observed for the closure phase of the plosiv to be replaced by friction, which underlines the lack of closure formation as well as the reduced precision of articulation behaviour. Additionally, a larger vowel duration and a shorter VOT and closure phase are found for these patients. For the patients with multiple sclerosis these tendencies are also observed, but not to the same extent. Finally, a varying number of production parameters which allow a distinction between the recording conditions underlines the necessity to observe individual as well as group articulation behaviour during stimulation. This is also supported by an observed improvement of articulation behaviour for one of the parkinsonian patients in contrast to the behaviour of the other patients in the group. In summary, the effect of deep brain stimulation for the two pathologies shows that the articulation behaviour in patients with Parkinson's disease is more disturbed than that of the patients with multiple sclerosis.Keywords
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