UV-spektrographische Studien über die Bildung eines Faserproteins II

Abstract
Fibrin kann mittels Cupriäthylendiamin in zwei Komponenten I und II zerlegt werden; I enthält das gesamte Tyrosin und macht 76 % des Fibrins aus, II enthält höchstwahrscheinlich das gesamte Arginin und macht im Mittel etwa 15% des Fibrins aus. Die bei Fibrinogen, ungedehntem und gedehntem Fibrin gemessenen phenolischen Tyrosin-Dissoziationskurven lassen eine deutliche Hemmung der Phenolatbildung erkennen, die bei Fibrinogen am schwächsten, bei gedehntem Fibrin am stärksten zum Ausdruck kommt. Diese Hemmung verschwindet beim Fibrin nach Abtrennen der Fraktion II. Daraus wird der Schluß gezogen, daß zwischen den Tyrosingruppen der Fraktion I und bisher nicht näher identifizierbaren Gruppen der Fraktion II eine Wechselbeziehung im Sinne einer phenolischen H-Brücke besteht. Unter Zugrundelegung der bei Fraktion I gemessenen Dissoziationskurve kann der blockierte Anteil der Tyrosingruppen errechnet werden. Er beträgt bei Fibrinogen rund 50%, bei Fibrin rund 80% und bei gedehntem Fibrin rund 100%. Bei den drei genannten Eiweißpräparaten tritt im Gebiet von pH 11 offenbar die Lösung dieser phenolischen H-Brücke auf. Bei Fibrinogenlösungen von pH > 11 muß dann der Zerfall des Moleküls in ebenfalls zwei Fraktionen I′ und II′ angenommen werden, was durch Papierelektrophorese von Klingenberg eindeutig bewiesen werden konnte (vgl. die folgende Mitteilung). Dieser Zerfall ist reversibel, wie aus der Thrombin-Aktivität von wieder neutralisierten Fibrinogenlösungen hervorgeht. Dies beweist, daß die zwei Komponenten nicht durch Peptidbindungen miteinander verknüpft sein können. Der Verlust der Fasereigenschaften bei Trennung der beiden Fibrinfraktionen sowie das Verschwinden der Thrombingerinnung lassen vermuten, daß Teile von Fraktion I′ und II′ je an einem Ende des Fibrinogenmoleküls eingebaut sein dürften und daß die phenolischen H-Brücken, die die Fraktionen miteinander verknüpfen, bei der seitlichen und der Längsassoziation der Fibrinogenteilchen eine wesentliche Rolle spielen. In Anlehnung an die elektronenoptischen Befunde von Hall bzw. von Bear wird ein zunächst hypothetisches Modell für den Aufbau des Fibrinogens und des Fibrins zur Diskussion gestellt. Die außerdem bei Fibrinogen und bei Fibrin (als Gel, ungedehnter und gedehnter Film) gemessenen Peptenol-Zusatzabsorptionen führen zu der Annahme, daß der Übergang vom Fibrinogen zum Fibrin, abgesehen von der erstgenannten Ausbildung der phenolischen H-Brücken, noch zusätzlich durch die Ausbildung zwischenmolekularer H-Brücken zwischen den Peptidgruppen gekennzeichnet ist. Auch dieser zweite Effekt nimmt in der Reihenfolge: Fibrinogen, ungedehntes, gedehntes Fibrin, zu. Die Abnahme des Peptenol-Effektes im Spektrum des in Harnstoff gelösten Fibrins bestätigt die von Steiner und Laki beobachtete Depolymerisation zu Fibrinogen, während aus den Spektren von in Harnstoff gelöster Fraktion I noch keine Anzeichen einer Depolymerisation ersichtlich sind.

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