Abstract
Zusammenfassung.: Es wird ein neues entoptisches Phänomen im polarisierten Licht beschrieben; »Periphere« Polarisationsbüschel. Diese Polarisationsbüschel sind auf dunklem Untergrund um eine kleine Leuchtfläche, die intensives, geradlinig polarisiertes Licht mit ständig sich drehender Schwingungsebene aussendet, bei parazentraler Betrachtung wahrzunehmen.Die Büschel bestehen aus zwei gegenüberstehenden Sektoren, die sich gleichsinnig mit dem Polarisator um die Leuchtfläche als Mittelpunkt drehen. Unter günstigen Versuchsbedingungen reichen sie zusammen bis gegen 12° in die Peripherie. Die Verbindungslinie der hellen Sektoren steht senkrecht auf der Schwingungsrichtung des Lichts.Zur Darstellung dieser entoptischen Erscheinung dient eine besondere Apparatur, mit der sich die Intensität und Farbe des Lichts, die Grösse der Leuchtfläche und die Drehgeschwindigkeit der Schwingungsebene beliebig variieren lässt. Die »peripheren« Polarisationsbüschel sind nicht (oder fast nicht) zu sehen, wenn das Bild der kleinen Leuchtfläche genau auf die Fovea oder auf die Mitte der Papille fällt. Die Büschel werden augenblicklich unsichtbar, wenn man den Polarisator ruhig stellt. Im Gegensatz zu den »macularen« (Haidinger'schen) Polarisationsbüscheln entstehen sie mit Licht jeder Wellenlänge; sie sind in der Farbe des einfallenden Lichts getönt. Die Büschel sind auch im elliptisch polarisierten Licht zu sehen; sie werden nicht mehr wahrgenommen, wenn man sich der zirkularen Schwingungsform bis zu einem Achsenverhältnis der Schwingellipse von etwa 1: 0,8 nähert. Die »peripheren« Polarisationsbüschel werden von Personen jeder Altersstufe bemerkt. Sie können auch von geeigneten Aphakischen wahrgenommen werden. Auch für Totalfarbenblinde sind sie eine sehr deutliche Erscheinung. Die »peripheren« Polarisationsbüschel kommen durch eine Strewing des Lichts in der (alle Schichten umfassenden) Retina zustande. Die Netzhaut wirkt als »trübes Medium«. In einem solchen Medium mit kleinen licht‐splitternden Partikeln, wird geradlinig polarisiertes Licht in bestimmten Vorzugsrichtungen gestreut. Diese Streuung in Vorzugsrichtungen ruft auf der Retina — anstelle des gleichmässigen »Lichthofs« — einen büschelförmigen Lichteindruck hervor. Die streuende Hohlfläche der Retina wirkt damit wie ein »Analysator« (»Peripherer« Netzhautanalysator). Die »peripheren« Polarisationsbüschel lassen sich modellmässig in einer mit Mastixemulsion gefüllten Hohlfläche nachahmen. Die Streuung von polarisiertem Licht in Vorzugsrichtungen lässt sich auch vermittels der entoptischen Darstellung der Netzhautgefässe nachweisen. Es wird diskutiert, ob die eigenartige Feinstruktur der Stäbchenaussenglieder die entoptische Erscheinung verstärken kann. Der Einfluss der »Empfindungszeit« auf das Phänomen der »peripheren« Polarisationsbäschel wird erörtert.