Die Bedeutung der präoperativen Gerinnungsanalytik für die Einschätzung des Blutungsrisikos in der Allgemeinchirurgie*

Abstract
Coagulation studies, i. e. platelet count, prothrombin time (PT) and activated partial thrombin time (aPTT) are commonly employed preoperatively to identify patients at risk. In a retrospective study we evaluated the usefulness of these screening tests to predict postoperative bleeding in 1447 patients with abdominal and thoracic surgery. Forty-six patients (3.2 %) experienced postsurgical bleeding. 12.2 % of our patients had abnormal coagulation studies. The sensitivity of abnormal coagulation studies with respect to postoperative bleeding was 23.9 %. The sensitivity of the parameter “patient at risk”, i. e. patients with suspected coagulopathies due to drugs or disease of the liver or kidney, was 56.5 %. Thirty-four out of 1008 patients without risk factors had abnormal coagulation tests but an uneventful postoperative course. Preoperative screening of PT and aPTT should be reserved for patients with known or suspected inherited or acquired coagulopathies. Die Bedeutung der Gerinnungsdiagnostik als fester Bestandteil des präoperativen laboranalytischen Screenings ist umstritten. In einer retrospektiven Untersuchung wurde der Zusammenhang zwischen dem Ergebnis der präoperativen Bestimmung von Quick-Wert, APTT und Thrombocytenzahl und der postoperativen Blutungskomplikation analysiert. Nach 1447 visceralchirurgischen Operationen wurden 46 (3,2 %) Blutungskomplikationen beobachtet, die bei 18 (1,2 %) Patienten operativ revidiert werden mußten. Bei 12,2 % der Patienten waren die Gerinnungsparameter präoperativ pathologisch verändert. Die Sensitivität des Parameters „pathologische Gerinnung“ für die postoperative Blutungskomplikation war mit 23,9 % gering. Dem gegenüber war die Sensitivität des Merkmals „Risikopatient“ (vor allem Erkrankung von Leber oder Niere bzw. Einnahme von gerinnungshemmenden Medikamenten) mit 56,5 % deutlich höher. Bei keinem der 1008 Patienten ohne anamnestische Risikofaktoren aber mit pathologischen Meßwerten der plasmatischen Gerinnung (n = 34) wurde eine Blutungskomplikation beobachtet. Ein gerinnungsanalytisches präoperatives Screening alleine ist zur Abschätzung des perioperativen Blutungsrisikos nicht geeignet. Ergibt sich nach einer standardisierten Anamnese der Verdacht auf eine erhöhte Blutungsneigung, sollte durch differenzierte Untersuchungen der Hämostasedefekt eingegrenzt und abhängig von dem geplanten Eingriff ggf. präoperativ korrigiert werden.

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