Abstract
Für die Erklärung der von physiologischer und klinischer Seite, besonders mit Hilfe des Venenpulses und des Elektrodiagramms genauer studierten Irregularitäten der Vorhofs- und Kammertätigkeit (Einthoven, Gerhardt, Hering, Mackenzie, Wenckebach u. a.) müssen neben pathologischen Veränderungen des Nervensystems und der gewöhnlichen Herzmuskulatur noch anatomische und funktionelle Störungen besonderer, in das Herz eingebauter, eigenartiger Muskelsysteme berücksichtigt werden. Von diesen Muskelsystemen sind bis jetzt zwei bekannt. Das eine ist der von Tawara entdeckte Atrioventrikularknoten, im Vorhofseptum an der Grenze zwischen Vorhof und Kammer gelegen, von welchem aus ein muskulärer Fortsatz, das von His entdeckte Verbindungsbündel, zum Kammerseptum übergeht und, in zwei Hauptzweigen an der linken und rechten Wand desselben verlaufend, in feinen Verästelungen bis zu den Papillarmuskeln und der übrigen Herzwand gelangt. Der Tawarasche Atrioventrikularknoten stellt ein zierliches Netzwerk sehr feiner quergestreifter Muskelfasern dar, in welches Nervenfasern von den Ganglien der hinteren Coronarfurche einstrahlen. Das andere ist der von Keith entdeckte Sinusknoten, ein dem Tawaraschen Knoten ähnelndes Gebilde, das eine bestimmte Lage an der Grenze zwischen dem rechten Herzohr und dem oberen Cavatrichter aufweist. Auch in dieses Muskelsystem treten auffallend reichlich Nervenfasern ein. Beide Muskelsysteme sind ferner dadurch ausgezeichnet, daß sie von einer ungewöhnlich großen Arterie mehr oder weniger zentral durchsetzt werden. Aller Wahrscheinlichkeit nach bilden diese Muskelsysteme die Ursprungsorte der Bewegungsreize des Herzens, deren myogene oder neurogene Natur offengelassen werden muß Wie die physiologische Koordination der beiden tätigen Muskelsysteme zustande kommt, ist noch unbekannt. Störungen dieser Koordination oder die Sistierung der Tätigkeit des Sinusknotens oder die größere Erregbarkeit des Atrioventrikularknotens müssen nach dem Vorgang von Mackenzie als die wahrscheinliche Ursache des Pulsus irregularis perpetuus (Hering) angesehen werden. Die bisher in dieser Richtung vorliegenden anatomischen Untersuchungen des Sinusknotens sind noch zu gering und zu wenig eindeutig, um als sichere Stütze für diese Theorie gelten zu können.

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