Grenzen der fetalen Lebensfähigkeit und Konsequenzen für das geburtshilfliche Management

Abstract
Fragestellung: In der vorliegenden Studie wurde das Outcome von sehr kleinen Frühgeborenen, die nach aktivem geburtshilflichen Management zwischen 22 und 28 Schwangerschaftswochen geboren wurden, evaluiert. Besonderes Interesse galt dabei dem in der Literatur als Grenze der Lebensfähigkeit eingestuften Gestationsalter von 24 Schwangerschaftswochen. Patientengut und Methodik: Pränatale Daten wurden retrospektiv den mütterlichen Krankengeschichten entnommen. Die neonatale Mortalität und Frühmorbidität sowie etwaige Beeinträchtigungen in der Entwicklung mit einem Jahr korrigiert wurden erfasst und mit dem Gestationsalter korreliert.Ergebnisse: 60 Frühgeborene konnten in die Auswertung aufgenommen werden. Ein gesundes Überleben verbesserte sich eindeutig mit steigendem Gestationsalter. Keines der Frühgeborenen < 24 Wochen konnte zum Zeitpunkt der Entlassung als gesund eingestuft werden, im Vergleich zu 74 % der Frühgeburten, die mit 24 Wochen oder später geboren wurden. Auch mit einem Jahr korrigiert hatte das Gestationsalter den größten Einfluss auf eine schwere Beeinträchtigung in der Entwicklung (p < 0,03). 50 % der Frühgeborenen < 24 Wochen zeigten zu diesem Zeitpunkt schwere Beeinträchtigungen im Vergleich zu 24 % der Frühgeborenen mit mehr als 24 Wochen. Ab einem Gestationsalter von 25 Wochen verbessert sich das Outcome signifikant (p < 0,01).Schlußfolgerung: Die Lebensfähigkeit bei einem Gestationsalter von 23 bzw. 24 Wochen bleibt ethisch und klinisch kontroversiell. Unserer Meinung nach sollte ein Fetus mit 23 Wochen oder jünger derzeit als nicht lebensfähig eingestuft werden. Ab einem Gestationsalter von 24 Wochen oder älter kann prinzipiell von einer Lebensfähigkeit ausgegangen werden. Aggressives geburtshilfliches Management, insbesondere die Durchführung einer Sectio caesarea aus kindlicher Indikation, sollte jedoch erst ab 25 Wochen in Erwägung gezogen werden. Purpose: The purpose of this study was to evaluate the outcome of infants born between 22 and 28 completed weeks of gestational age. A gestational age of 24 weeks, regarded in the relevant literature as the limit of viability, was the focus of particular interest.Study Design: Prenatal data were collected retrospectively from the maternal records. Neonatal mortality, early morbidity, as well as the disability rate in the first year of follow-up at corrected age of prematurity were determined and correlated with gestational age. Results: 60 infants were included in the study. Intact survival improved with increasing gestational age. None of the infants born prior to 24 weeks showed intact survival until discharge compared to 74 % of the infants born at 24 weeks or later. Gestational age had a major influence on severe handicap (p < 0.03). 50 % of the infants prior 24 weeks showed a severe handicap compared to 24 % at 24 weeks or older. There was a marked improvement in the outcome at 25 weeks of gestation (p < 0.01).Conclusion: Viability of fetuses at 23 and 24 weeks of gestation remains ethically and clinically controversial. In our opinion, fetuses at 23 weeks or younger should not be considered viable at this time. On the other hand we continue to treat fetuses at 24 weeks or older as viable. Aggressive obstetric management, especially Caesarean section, should nevertheless only be considered from a gestational age of 25 weeks onward.

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