Den einzelnen Schritten der Formbildung des Wirbeltierembryos gehen jeweils intensive Prozesse der Eiweißsynthese voraus, die ihrerseits intensive Atmungsprozesse erfordern. Werden diese Stoffwechselprozesse vorübergehend gehemmt, so kann es zu einer sichtbaren Störung der von ihnen abhängigen Strukturbildungsvorgänge und dadurch zu Mißbildungen kommen. Solche Stoffwechselstörungen des Keimes können einerseits durch die Wirkung krankhafter Gene, andererseits durch abnorme exogene Faktoren in einer bestimmten Entwicklungsphase verursacht werden. Mißbildungen können also grundsätzlich genetisch oder peristatisch, im letzteren Falle als Phaenokopien, entstehen. Das Vorkommen genetischer Mißbildungen ist für den Menschen durch zahlreiche Beobachtungen belegt. Untersuchungen der letzten 15 Jahre beweisen jedoch, daß auch peristatische Faktoren beim Menschen zu Mißbildungen führen können. So können Viruskrankheiten, besonders die Röteln, durch Übertragung des Virus von der Mutter auf den Embryo, wahrscheinlich aber auch schon allein durch die mit der Erkrankung der Mutter verbundene Temperatursteigerung, teratogenetisch wirksam werden. Tierexperimentell wurde ferner die Möglichkeit der Entstehung von Mißbildungen durch länger dauernden Vitaminmangel bewiesen. Außerdem konnten in systematischen Untersuchungen der letzten 10 Jahre am Wirbeltierkeim Mißbildungen durch vorübergehenden Sauerstoffmangel hervorgerufen werden. Am Amphibienkeim führte ein bis zur Gastrulation wirkender Sauerstoffmangel zur Cyclopie und zu schweren Mißbildungen des Gehirns und des Kopfes, bei Sauerstoffmangel nach der Gastrulation zu feineren Störungen, besonders der Gehirn- und Rückenmarksentwicklung. Phasenspezifische Mißbildungen wurden ferner nach Sauerstoffmangel von wenigen Stunden am Hühnchenembryo bzw. am geschlüpften Hühnchen beobachtet, nach Sauerstoffmangel am 1. Bebrütungstage Anencephalie, Spina bifida, Cyclopie und Herzektopie, nach Sauerstoffmangel am 2. bis 4. Bebrütungstag Mißbildungen der Extremitäten oder, auch bei äußerlich normalen Hühnchen, Defekte des Vorhofs- und des Ventrikelseptums des Herzens. Auch am Säugerembryo konnten durch Sauerstoffmangel des Muttertieres phasenspezifische Mißbildungen der Embryonen hervorgerufen werden. Wurde die Hemmung der Oxydationen durch andere Eingriffe herbeigeführt, so kam es ebenfalls zu Mißbildungen, z. B. am Hühnchenkeim und am Kaninchenembryo durch Glukosemangel nach Insulin, am Amphibienkeim durch Fermenthemmung nach Blausäure oder nach Urethan. Vorübergehende Oxydationshemmungen können also grundsätzlich am Wirbeltierkeim zu phasenspezifischen Mißbildungen führen. Mit den experimentellen Beobachtungen können Befunde am Menschen in Einklang gebracht werden, so z. B. Einzelbeobachtungen von Mißbildungen nach Kohlenoxydvergiftung, nach Fallotscher Tetralogie, nach fetaler Erythroblastose, vor allem aber das gehäufte Auftreten von Mißbildungen bei Tubargravidität. Die in verschiedenen deutschen Großstädten nachgewiesene auffallende Häufung von Mißbildungen in der Nachkriegszeit wird als die Folge häufigerer Störungen des mütterlichen Eibettes und eines dadurch bewirkten Glukose- und Sauerstoffmangels in der Frühschwangerschaft gedeutet, ebenso die generelle statistische Häufung von Mißbildungen bei Müttern jenseits des 40. Lebensjahres und vom 6. Kinde ab. Am Beispiel der dysgenetischen Hirngeschwülste wird die Reichweite der Bedeutung peristatischer Störungen in der Embryogenese für die menschliche Pathologie angedeutet. The different stages in the development of the vertebrate embryo are always preceded by a period of intensive protein synthesis, which in turn requires an increase in respiratory processes. Any temporary disturbance or impairment of metabolic events at this point may result in visible alterations in growth and development, which depend on them, and may thus lead to malformations. Metabolic disturbances may be caused either by the action of abnormal genes or of abnormal exogenous factors at a certain stage in development. Malformations may, therefore, be either “genetic” or “peristatic” in their causation. Human genetic malformations have been shown in numerous investigations. Research during the last 15 years has produced evidence for the occurrence of peristatic factors. Thus virus diseases, especially German measles, have been shown to be capable of causing congenital malformations, not only by transmission of the virus across the placental barrier, but probably also just by a rise in the mother's body temperature associated with the virus disease. Animal experiments have indicated chronic vitamin deficiency as a potential cause of malformations. In the last 10 years systematic investigations have shown transient anoxia to be capable of causing malformations of the vertebrate embryo. In amphibia, hypoxia before the gastrula stage has been reached may produce cyclops and severe malformations of brain and head; oxygen lack after the gastrula stage may lead to more subtle abnormalities, especially of the brain and spinal cord. Phase-specific malformations have been observed in the chick embryo (or hatched chick) after anoxia of a few hours only: — Anoxia on the 1st day of breeding, anencephaly, spina bifida, cyclops and cardiac ectopia; anoxia during the 2nd to the 4th day, malformed limbs, atrial and ventricular septal defects. — Phase-specific malformations in the embryo could also be produced by transient anoxia of the mother in mammalian species. Inhibition of oxidative processes by other means may also result in malformations,...