Das Zeiterleben bei hirnorganisch Gesunden und fokal Hirngeschädigten

Abstract
The aims of this study were to investigate whether brain lesions are associated with an impairment of time judgement and whether there is any relationship between alterations of time experience and the side and localization of brain lesions. References were made to the literature dealing with different definitions of the concept of time and the notions derived from time as a categorial entity, such as time experience, time perception and time awareness. To begin with, the philosophical and psychological approach was considered. There upon definitions as given by the natural sciences, conceptual classifications, phenomenological investigations as well as psychopathological considerations were analysed. Furthermore, the literature on disorders of time judgement was reviewed against the background of alterations of time experience in patients with brain lesions. In the present study patients with definite single brain lesions were examined and compared with a group of normal subjects. Three methods for testing time judgement (method of production, method of reproduction and time estimation) were applied to each subject. The results showed that in a substantial proportion of brain-damaged patients a subjective impression of changes in the rate at which time passed was reported, mostly in form of an apparent slowing down. No difference could be demonstrated between left or right cerebral lesions or between different localizations within one hemisphere. On the testing for objective time judgement the brain-damaged patients showed a tendency to under - or overestimation of time intervals, often exceeding the pre-established normal boundaries by far. We observed a certain "vulnerability" of the right hemisphere on the tasks for time judgement, especially in the case of right-sided parietooccipital lesions. Diese Studie wurde durchgeführt, um herauszufinden, ob Hirnläsionen mit einer Störung des Zeitempfindens einhergehen und ob sich eine Beziehung finden läßt zwischen der Änderung des Zeiterlebens und der Lateralisation und Lokalisation von Hirnläsionen. Einleitend wird auf die Literatur eingegangen, die sich mit der Problematik der Formenvielfalt der Zeitdefinitionen und der von der Zeit als Entität abgeleiteten Funktionen wie Zeiterleben, Zeitwahrnehmung und Zeitbewußtsein befaßt. Es wird zunächst die philosophische und psychologische Betrachtungsweise analysiert. Im weiteren finden Zeitdefinitionen im naturwissenschaftlichen Sinne, begriffliche Einteilungen, phänomenologische Untersuchungen sowie psychopathologische Betrachtungen Erwähnung. Vor dem Hintergrund der Änderung des Zeiterlebens bei Hirnläsionen wird die Literatur zu den Störungen der Zeitwahrnehmung betrachtet. In der vorliegenden Arbeit wurden Patienten mit definierten singulären Hirnläsionen untersucht und die Ergebnisse mit einem Normalkollektiv verglichen. Eingesetzt wurden drei Methoden zur Untersuchung der Zeitwahrnehmung: die Methode der Produktion, Methode der Reproduktion und der Zeitdauerschätzung. Dabei ergab sich, daß Patienten mit Hirnläsionen in einem hohen Anteil Veränderungen für das eigene Erleben von Geschwindigkeit, mit der die Zeit abläuft, zeigten, und zwar überwiegend in einer Form von Verlangsamung. Dieser Befund erwies sich als unabhängig bez. Lateralisation in linker oder rechter Hemisphäre wie auch bez. Lokalisation innerhalb einer Hemisphäre. Bei Prüfung der objektiven Zeiteinschätzung haben Patienten mit Hirnläsionen eine Tendenz, Zeitintervalle zu über- oder zu unterschätzen, und zwar weit über die vorher ermittelten normalen Grenzen hinaus. Man konnte eine gewisse ,,Vulnerabilität" der rechten Hirnhemisphäre für Aufgaben betreffend die Zeiteinschätzung beobachten, insbesondere bei rechtshemisphärischen parietookzipitalen Läsionen.

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