Qualitätskriterien für ambulante Schulungsprogramme für übergewichtige und adipöse Kinder und Jugendliche

Abstract
Hintergrund: In Deutschland sind 9 - 12 % aller Kinder zwischen fünf und sieben Jahren bei der Schuleingangsuntersuchung übergewichtig, 2,5 - 3,5 % der Kinder leiden an einer Adipositas. Behandlungsversuche bei adipösen Kindern und Jugendlichen gelten insbesondere dann als gerechtfertigt, wenn neben einem erhöhten Body-Mass-Index (BMI) eine Krankheit vorliegt, zu deren erfolgreicher Behandlung eine Gewichtsreduktion beitragen könnte. Zudem müssen Kind und Familie motiviert sein, ihre Lebensgewohnheiten wesentlich zu ändern. Ziel der Studie: Derzeit etablieren sich bundesweit zahlreiche Gewichtsreduktionsprogramme für dicke Kinder und Jugendliche. Diese werden außerhalb oder im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung von verschiedenen Leistungsanbietern angeboten. Die Medizinischen Dienste der Krankenkassen (MDK) haben daher Qualitäts- und Bewertungskriterien für solche Programme erarbeitet. Methoden: Daten aus der internationalen und nationalen Fachliteratur wurden im Rahmen einer systematischen Suche zusammengetragen und anhand einer vorgegebenen Kriterienliste mit den Methoden der evidenzbasierten Medizin ausgewertet. Dabei wurden veröffentlichte Leitlinien und Expertenempfehlungen berücksichtigt. Ergebnisse: Derzeit sind nahezu ausschließlich Studien mit geringer interner Validität und zumeist minderer Qualität verfügbar. Daher können keine verbindlichen Empfehlungen zur Ausgestaltung von Schulungsprogrammen für übergewichtige und adipöse Kinder und Jugendliche gegeben werden. Ein Erfolg versprechendes Schulungsprogramm sollte die folgenden vier Bausteine (Module) miteinander kombinieren: Ernährung, Bewegung, verhaltenstherapeutische Beeinflussung von Ess-, Bewegungsverhalten und Lebensgewohnheiten sowie die Einbindung der Eltern. Es deutet sich an, dass mit derartigen kombinierten Behandlungsprogrammen zumindest vorübergehend eine Reduktion beziehungsweise Stabilisierung des BMI erreicht werden kann. Dieser positive Effekt wird besonders bei jüngeren Kindern durch aktive Einbindung der Eltern verstärkt. Schlussfolgerung: Es ist bislang nicht durch aussagekräftige Studien gesichert, dass die Wirkung komplexer Interventionen für übergewichtige und adipöse Kinder und Jugendliche und ihre Eltern länger als ein bis zwei Jahre anhält. Eine für das bestehende Versorgungssystem relevante, kontrollierte Studie zur Wirksamkeitsprüfung von Adipositasschulungsprogrammen ist daher erforderlich. Die hier beschriebenen Qualitäts- und Bewertungskriterien könnten für die Entscheidung herangezogen werden, ob ein definiertes Programm in eine solche Studie eingeschlossen werden sollte. Background: In Germany, 9 to12 % of all children between five and seven years of age have been shown to be overweight at school entry; 2.5 to 3.5 % of them are obese. Therapeutic intervention for obese children and adolescents is considered to be indicated especially in cases where an increased body mass index (BMI) is accompanied by a disease the effective treatment of which requires weight loss. Furthermore, the child and its family must be willing to actively change their habits. Objective: A multitude of health care providers have begun to offer multidisciplinary group programme for prevention and treatment of obesity to affected individuals and their families. The Medical Service of the Statutory Health Insurance (MDK) has therefore developed a list of quality and assessment criteria for such programme. Methods: A systematic search for information in international and national publications was performed using standard methodology of evidence-based medicine. Data were extracted and assessed according to pre-defined criteria taking into consideration previously published clinical guidelines and opinions of expert panels. Results: Nearly all available studies were of low internal validity and mostly of poor methodological quality. Therefore, no binding recommendations for the design of health education programme for overweight and obese children and adolescents can be given. Potentially successful intervention should combine the following 4 modules: nutrition, physical activity, change of eating habits, physical activity habits and life style using methods of behavioural therapy, and involvement of parents. Such combinations may have the potential to reduce or stabilise the BMI at least during a defined period of time. In younger children, the beneficial effect will be more pronounced if the parents are actively involved. Conclusion: Up to now informative studies have not reliably shown that the effect of ambulatory health education programmes for overweight and obese children and adolescents and their parents may last for more than one or two years. Therefore, a controlled clinical trial determining the long-term effectiveness of such programme is imperative. The decision whether a defined programmes should be included in such a study could be taken on the basis of the quality indicators and assessment criteria described here.

This publication has 0 references indexed in Scilit: