Über Pyridinium‐N‐phenol‐betaine und ihre Verwendung zur Charakterisierung der Polarität von Lösungsmitteln

Abstract
Aus Pyryliumsalzen und Aminophenolen entstehen zunächst N‐[Hydroxyphenyl]‐pyridiniumsalze, die mit starken Basen in die tieffarbigen, kristallinen Pyridinium‐N‐phenol‐betaine übergehen. Diese zeichnen sich durch die größte bisher bekannte, fast das gesamte sichtbare Spektrum umfassende Solvatochromie aus. Dem vorwiegend polaren Grundzustand entsprechend, wandert die solvatochrome Absorptionsbande mit zunehmender Polarität des Lösungsmittels nach kürzeren Wellen („negative Solvatochromie”︁). Die Lage des Absorptionsmaximums liefert ein Maß für die polarisierende Kraft des Lösungsmittels. Durch konstitutionelle änderungen an der Betainmolekel lassen sich Farbstoffe aufbauen, die eine geringere Neigung besitzen, mit dem Lösungsmittels H‐Brücken zu bilden. Die gesamte polarisierende Wirkung der verschiedenen Lösungsmittel kann dadurch auf einen allgemein polarisierenden und auf einen durch H‐Brückenbildung hervorgerufenen Effekt zurückgeführt werden. Für 44 verschiedene Lösungsmittel werden die charakteristischen Maßzahlen ihrer Polarisationskraft angegeben, die in naher Beziehung zu den aus kinetischen Daten stammenden Y‐Werten von Winstein und den optisch ermittelten Z‐Werten von Kosower stehen. — Pyridinium‐N‐phenol‐betaine zeigen auch eine durch Mesomerie bedingte Thermochromie. Steigende Temperatur führt zu einer Verschiebung der Solvatochromiebande nach längeren Wellen, N‐Dimethylanilin‐pyridiniumsalze, als „vorwiegend unpolare”︁ Farbstoffe, verhalten sich bezüglich der Thermochromie wie auch bezüglich der Solvatochromie entgegengesetzt.