Untersuchungen über den Einfluß einer umsatzorientierten Substratzufuhr auf den Energie- und Proteinstoffwechsel polytraumatisierter Beatmungspatienten
Eine statusbezogene, adäquate Infusions- und Ernährungstherapie gehört gerade beim beatmeten Polytraumatisierten aufgrund der eingeschränkten körpereigenen Kompensationsmöglichkeiten zu den wesentlichen Voraussetzungen für einen optimalen Heilungsprozeß. Dennoch gibt es, obwohl in der Literatur vielfach gefordert, bislang praktisch keine Arbeiten, die sich mit dem Einfluß einer am gemessenen Umsatz orientierten Substratzufuhr auf den Energie- und Proteinstoffwechsel dieser Patientengruppe befassen. Um Aussagen über diesen Problemkreis zu erhalten, wurde im Rahmen einer prospektiven Studie an einem Kollektiv von 40 polytraumatisierten Beatmungspatienten, die randomisiert vier Gruppen mit unterschiedlichen Infusions- und Ernährungsregimen zugeordnet wurden, über 02-Verbrauchsmessungen der jeweilige Energieumsatz, die Konzentrationen der zugeführten Substrate im Plasma und Urin sowie die tickstoffbilanz bestimmt. Weiterhin wurden die Harnstoffproduktionsrate und die Umsätze für die Substrate in den jeweiligen Gruppen berechnet. In den »nährstoffsubstituierten Gruppen« kam es unter einer Kohlenhydratzufuhr, die sich am gemessenen Sauerstoffverbrauch orientierte, zu posttraumatisch persistierend erhöhten Blutglukosekonzentrationen, die jedoch im Median den Wert von 10 mmol/l nicht überschritten. Die Gabe von Insulin war in keinem Fall erforderlich. Mit einem aus dem gemessenen Sauerstoffverbrauch berechneten Energieumsatz von durchschnittlich knapp 3000 kcal/Tag blieb der Energieumsatz von Polytraumatisierten deutlich niedriger als in früheren Untersuchungen angegeben. Ein Einfluß der unterschiedlichen Infusions- und Ernährungsregime auf den Energieumsatz war nicht nach-weisbar. In keiner Gruppe überstieg die Harnstoffkonzentration im Plasma im Median den Referenzbereich. Dabei stand einer prozentualen Verbesserung der Stickstoffzufuhr durch vermehrte Aminosäurenzufuhr – bei ausgeglichener Energiebilanz – eine vermehrte Harnstoff-bildung gegenüber. Unter ausreichender Zufuhr energieliefernder Substrate scheint die Zufuhr von 2 g Aminosäuren/Tag beim beatmeten Polytraumatisierten die obere Dosisgrenze zu sein. Die 3-Methylhistidinausscheidung im Urin verlief parallel der Harnstoffproduktionsrate, wobei sich Hinweise darauf ergeben, daß die durch Kohlenhydratzufuhr eingesparten Aminosäuren überwiegend aus der Muskulatur mobilisiert werden. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, daß selbst in der kritischen Früh-phase nach einem schweren Trauma eine dem gemessenen Umsatz entsprechende Substratzufuhr möglich ist, ohne daß dadurch die Homöostase gefährdet wird.