Die Biosynthese von Vitamin B1 (Thiamin): ein Beispiel für biochemische Vielfalt
- 16 May 1997
- journal article
- aufsatz
- Published by Wiley in Angewandte Chemie
- Vol. 109 (10) , 1096-1111
- https://doi.org/10.1002/ange.19971091005
Abstract
Die Aufklärung der Biosynthesewege zu Thiamin (Vitamin B1) und dessen Pyrophosphatester, dem wichtigen Coenzym Cocarboxylase, ist und bleibt für Forscher eine Herausforderung. Die Thiamin‐Biosynthese gliedert sich in die voneinander unabhängigen Synthesewege zur Pyrimidin‐Einheit 4‐Amino‐5‐hydroxymethyl‐2‐methylpyrimidin und zur Thiazol‐Einheit 5‐(2‐Hydroxyethyl)‐4‐methylthiazol sowie den Weg dieser Untereinheiten zum Vitamin. Die Schritte des letztgenannten Prozesses wurden vor ungefähr zwanzig Jahren vollständig aufgeklärt. Dabei stellte sich heraus, daß sich der Syntheseweg in aeroben Bakterien und Hefen zu einem gewissen Grad vom Syntheseweg in Enterobakterien unterscheidet. Dagegen sind die Synthesewege zu den Untereinheiten noch nicht zufriedenstellend erforscht. Die Pyrimidin‐ und die Thiazol‐Einheit entstehen in Bakterien und in Hefen auf unterschiedlichen Synthesewegen. Eine Schwierigkeit war, daß das Einbaumuster markierter Vorläufer, das von verschiedenen Arbeitsgruppen bei unterschiedlichen Mikroorganismen festgestellt wurde, nicht mit einem einzigen Biosyntheseweg für jede der beiden Untereinheiten in Einklang war. Man ist heute davon überzeugt, daß in Enterobakterien und Hefen unterschiedliche Wege vorliegen, so daß die Biosynthese von Vitamin B1 ein Beispiel für biochemische Vielfalt ist. Darüber hinaus war die geringe Menge an Thiamin, die in mikrobiologischen Kulturen synthetisiert wird (ca. 15 μg pro Liter Kultur), eine weitere Schwierigkeit. Daher waren die Untersuchungen bis in die jüngste Zeit entweder auf die Verwendung radioaktiver Tracer oder den Einsatz stabiler Isotope mit anschließender massenspektrometrischer Analyse beschränkt. Wie bekannt, führen beide Methoden zu Problemen bei der Interpretation der Resultate. Die Hochfeld‐13C‐NMR‐Spektroskopie, die aussagekräftigste moderne Methode zur Ermittlung von Einbaumustern, wurde erst kürzlich erfolgreich zur Untersuchung der Thiamin‐Biosynthese eingesetzt. Wegen dieser prinzipiellen und experimentellen Schwierigkeiten sind selbst die ersten Vorläufer der beiden relativ einfachen heterocyclischen Untereinheiten von Thiamin nicht eindeutig erkannt. Die Suche nach den Zwischenstufen, die Untersuchung der Enzyme und die Identifizierung der beteiligten Gene sind Gegenstand der aktuellen Forschung.Keywords
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