Chemische und physikalische Eigenschaften von S4N4 hatten es wahrscheinlich gemacht, daß diesem Schwefelnitrid eine Konstitutionsformel zukommt, in der sämtliche Schwefelatome gleichartig gebunden sind bei einer Oxydationszahl des Schwefels von + 3. Gleiche Elektronenbeanspruchung des Schwefels in der Verbindung kann durch Mesomerie erreicht werden, die unter Beteiligung von d-Bindungsbahnen zustande kommen müßte, da es sich hier um ein stark gewinkeltes 8-gliedriges Ringsystem handelt. Für diese Mesomerie wurde ein chemischer Beweis erbracht. Dazu wurde S4N4 durch Reaktion von Verbindungen mit Schwefel der Oxydationszahl + 4 mit Verbindungen, die S2+ enthalten, synthetisiert. S4+ wurde mit 35S markiert. Bei der anschließenden Spaltung des S4N4-Moleküls in Verbindungen mit S2+ und mit S4+ zeigte die Verteilung der Aktivität, daß innerhalb des Moleküls ein Wertigkeitsausgleich durch Mesomerie stattfindet.