Abstract
Die Fortschritte, die in den letzten Jahren, besonders von anatomischer Seite, auf dem Gebiet des V.N.S. gemacht worden sind, erfordern auch eine Reform der funktionellen Pathologie der vegetativ-nervösen Störungen. Dabei erscheint uns zweckmäßig, autonom gesteuerte Regulationen bei Gesunden und Kranken miteinander zu vergleichen. Eine in dieser Hinsicht brauchbare Methode stellt die Untersuchung des g.H.R. dar. Der g.H.R. zeigt bei der überwiegenden Mehrzahl von Patienten mit Auffälligkeiten von Seiten ihres V.N.S. typische Abweichungen von der Norm, und zwar verläuft er bei 70% der Kranken erheblich langsamer als bei Gesunden. In etwa 20% zeigt er eine Beschleunigung und Spontanschwankungen, was als Ausdruck einer Labilität des V.N.S. gelten kann, bei den restlichen 10% konnten mit dem g.H.R. keine Besonderheiten festgestellt werden. Für die Behandlung ist von Bedeutung, daß es gelingt, mit Sympatol und Strychninoder, wie wir es allgemeiner nennen wollen, mit Reiztherapie, zu der auch physikalische Maßnahmen zu rechnen sind – den verlangsamten Ablauf des g.H.R. zu beschleunigen. Der überwiegende Anteil der vegetativ-nervösen Dysfunktionen erfordert also hiernach, entgegen der allgemein üblichen Gewohnheit, eine Reiztherapie, von der wir dann auch in vielen Fällen gute Erfolge gesehen haben. Von Interesse sind dabei besonders solche Patienten, die sich unter der gängigen Behandlung mit Sedativa nicht besserten und dann mit „Reiztherapie” geheilt werden konnten. Deutet der g.H.R. auf ein „erethisches” und labiles Verhalten des V.N.S., wie es beim Basedow die Regel ist und sich bei vegetativen Neurosen und verwandten Syndromen auch nicht selten feststellen läßt, so können wir mit sedativen Mitteln (Luminaletten, Bellergal) ein Normalwerden des g.H.R. und Hand in Hand damit eine Besserung des Befindens erzielen. Es können bisher nur einige und nicht ganz sichere klinische Hinweise gegeben werden, die auch ohne Prüfung des g.H.R. zu erkennen ermöglichen, ob es sich um einen Fall der erethischen oder der torpiden Gruppe handelt. Hier sind also noch weitere Untersuchungen erforderlich.