Unter 175 mit Isoniazid behandelten Tuberkulosekranken kam es in 11 Fällen, d. h. in etwa 6%, zur Ausbildung eines polyneuritischen Syndroms. Die Polyneuritis verdient unseres Erachtens unter den Nebenwirkungen des Isoniazids die meiste Beachtung. Sie beginnt mit vegetativen Symptomen und sensiblen Reizerscheinungen (Parästhesien, Schweißsekretionsstörungen) und führt zu motorischen Ausfällen, sensiblen und trophischen Störungen. Das Ausmaß der Polyneuritis ist von dispositionellen Momenten und der Dauer der Behandlung, vor allem aber von der Dauer der Weiterführung der Therapie nach Einsetzen der ersten Erscheinungen abhängig. Es ist deshalb geboten, bei den ersten polyneuritischen Symptomen das Isoniazid abzusetzen. Bei einer Kranken wurde ein pellagroides Ekzem unter der Behandlung beobachtet. Möglicherweise spielt für das Zustandekommen der Polyneuritis eine Antivitaminwirkung des Isoniazids eine Rolle, prophylaktische Gaben von B-Vitaminen müssen erwogen werden. Ein unmittelbarer Effekt von Vitaminen der B-Gruppe auf die Rückbildung der Polyneuritis war nicht erkennbar. Die Prognose ist besonders bei älteren Kranken nicht so günstig, wie bisher angenommen wurde.