Über eine orale Behandlung von Blutungszuständen mit Glykokoll-Askorbinsäure-Kalzium unter besonderer Berücksichtigung der Thrombopenie und der Bluterkrankheit
Die experimentelle Feststellung, daß die bereits mitgeteilte gerinnungsfördernde Wirkung der Aminosäure Glykokoll durch Kombination mit Askorbinsäure und Kalzium hinsichtlich Tiefe und Dauer des Gerinnungseffktes eine wesentliche Verstärkung erfährt, wurde in der Blutungstherapie ausgewertet. Bisher wurden 60 Blutungszustände der verschiedensten Genese mit der Glykokollkombination behandelt. Diese systematisch behandelten Blutungsfälle umfassen 13 Nasen- bzw. Zahnfleischblutungen, 20 Lungenblutungen, 13 Nieren- und Blasenblutungen und 14 Blutungen des Magen-Darm-Kanals. Ein Blutungsstillstand wurde mit einer Ausnahme (Paradentose) bei sämtlichen Nasen- und Zahnfleischblutungen im Laufe von 10—30 Minuten erzielt. Bei den Lungenblutungen trat der hämostyptische Erfolg innerhalb der ersten 6 Stunden in Erscheinung; in 3 von 20 Lungenblutungen konnte ein sicherer Blutungsstillstand nicht erreicht werden; es handelte sich in diesen 3 Fällen um Hämoptoen bei kavernöser Lungentuberkulose. Bei 13 Nieren- bzw. Blasenblutungen kam mit einer Ausnahme (Nierentuberkulose) die Blutung im Laufe von 10—24 Stunden zum Stillstand. Von 9 Patienten mit Magen-Darm-Blutungen bei Ulcus ventriculi bzw. duodeni trat in 8 Fällen der hämostyptische Erfolg ein; ferner wurde durch Anwendung der Glykokollkombmation eine lebensbedrohliche Dickdarmblutung bei Polyposis in wenigen Stunden behoben und bei 3 Hämorrhoidalblutungen eine gute hämostyptische Wirkung beobachtet. Beim Krankheitsbild der essentiellen Thrombopenie (6 Fälle) ließ sich ebenfalls eine hämostyptische Wirkung der Glykokoll-kombination feststellen; außerdem wurde während einer längeren Behandlung ein deutliches Ansteigen der Thrombozyten und in 3 Fällen ein Verschwinden des Rumpel-Leedeschen Phänomens beobachtet. Bei der Bluterkrankheit (3 Fälle) wurde neben einer hämostyptischen Wirkung eine Verkürzung der Gerinnungszeit bis auf Normalwerte erzielt und die Blutungsneigung herabgesetzt. Der Nachweis eines deutlichen Unterschiedes in der Intensität der Gerinnungsbeschleunigung des Kapillarblutes einerseits und des Venenblutes andererseits spricht für eine wichtige Rolle des Gewebssaftes beim Vorgang der Blutgerinnung. Diese Feststellung sowie die Beobachtung einer Verkürzung der Prothrombinzeit beim gesunden Probanden erscheint hinsichtlich des noch ungeklärten Wirkungsmechanismus der Aminosäuren bei der Gerinnungsbeschleunigung von Bedeutung.