Abstract
Die Lungenventilation wird von einer Vielzahl physiologischer und pathologischer Faktoren beeinflußt. Es ergeben sich daraus unterschiedliche Strategien für bildgebende Untersuchungen der Lungenventilation, die über die rein morphologische Abbildung der Lunge hinaus zu einer räumlich aufgelösten Funktionsanalyse führen müssen. Die Unterscheidung zwischen physiologischen Adaptationsmechanismen und beginnenden pathologischen Veränderungen ist für die Früherkennung von Atemwegserkrankungen entscheidend. Von großer Bedeutung sind (1) räumliche Zuordnung von Veränderungen und (2) Quantifizierung. Ein Anforderungsprofil für Untersuchungen der Lungenventilation umfaßt: (1) Verteilung der Ventilation (Distributionsanalyse), d. h. Untersuchungen in In- und Exspiration, im Gleichgewicht und Einwasch/Auswaschanalysen; (2) regionale Lungenfunktion (Compliance, Resistance, Zeitkonstanten) zur Differenzierung verschiedener pulmonaler Funktionseinheiten (Kompartimentierung); (3) Oxygenierungsleistung, die auf Gasaustauschfläche, Perfusion, lokalen Ventilations-Perfusionsverhältnissen und Sauerstoffpartialdruck beruht; (4) Selbstreinigungsfunktion der Lunge durch Erfassung der mukoziliaren Clearance. Für die wichtigste Funktion der Lunge, den Gasaustausch - und hier insbesondere die Sauerstoffaufnahme - ist nicht nur die Ventilation, sondern auch die Perfusion der Lunge von entscheidender Bedeutung. Daher werden oft kombinierte Untersuchungen von Ventilation und Perfusion durchgeführt. Nuklearmedizinische Verfahren sind für die Darstellung der Lungenventilation am weitesten verbreitet und konnten sich in der Vergangenheit für bestimmte Indikationen etablieren. Die Ventilationsszintigraphie kann mit Xenon-133-, Xenon-127-, Krypton-81m-Gas oder mit Technetium-99m-Technegas mit Kohlenstoffpartikeln als Träger (sogenanntes Feinstaerosol) vorgenommen werden. So können inspiratorische Ventilationsdefekte, exspiratorische Ventilationsstörungen („airtrapping”), Einwasch-, Äquilibrium- und Auswaschphasen sowie Lungenvolumina erfaßt werden. Alternativ wird die Inhalationsszintigraphie mit radioaktiv markierten Technetium-99m-Partikeln als Aerosol durchgeführt. Die Nachteile liegen in geringer räumlicher und zeitlicher Auflösung (2 - 3 Minuten pro Aufnahme). Im Hinblick auf die räumliche Auflösung ist es entscheidend, ob planare Aufnahmen (Summationsaufnahmen, normalerweise in 6 verschiedenen Projektionen) oder SPECT-Aufnahmen (Schichtaufnahmen) angefertigt werden. Schichtaufnahmen mit einer Schichtdicke von ca. 15 mm ermöglichen eine wesentlich bessere räumliche Zuordnung von Veränderungen. Als spezielles nuklearmedizinisches Untersuchungsverfahren zur Erfassung der Ventilation kann auch die Positronenemissionstomographie (PET) mit seltenen Isotopen (N-13, O-15, Ne-19, C-11) bei kurzer Halbwertszeit (17 s bis 2 h) eingesetzt werden. Die PET erlaubt eine räumliche in-Schicht Auflösung von ca. 10 mm bei einem Schichtabstand von ca. 15 mm. Die zeitliche Auflösung liegt bei ca. 30 s. Die bisherigen Berichte konzentrieren sich auf experimentelle physiologische Fragestellungen. Die potentiellen funktionellen Informationen sind weit gefächert, die Möglichkeiten eines breiten klinischen Einsatzes sind aufgrund des sehr hohen technischen Aufwands jedoch als sehr gering einzuschätzen. Die Ventilations- oder Inhalationsszintigraphie konnte sich für einige Indikationen in der Klinik etablieren. 1. Die akute Lungenembolie wird häufig mit einer Kombination aus Ventilations- und Perfusionsszintigraphie untersucht. Die Diagnose wird durch den Nachweis von Mismatches (fehlende Perfusion bei erhaltener Ventilation) indirekt gestellt. 2. Vor resezierenden thoraxchirurgischen Eingriffen, z. B. wegen Tumoren, bei Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) wird die Funktionstüchtigkeit des Lungenparenchyms abgeschätzt. Dabei wird durch Quantifizierung präoperativer szintigraphischer Untersuchungen der Lungenperfusion die postoperative Funktion der Lunge (FEV1) näherungsweise errechnet. Gemeinhin erfolgt nur eine räumliche Unterscheidung in Seiten oder Quadranten. Unter den radiologischen Verfahren hat sich die Computertomographie (CT) als Verfahren der Wahl mit hoher räumlicher Auflösung (Schichtdicke bis 1 mm) zur morphologischen Beurteilung der Lunge etabliert. Spezielle Aufnahmetechniken erlauben jedoch auch Rückschlüsse auf die Lungenfunktion. Durch Kombination von Aufnahmen, die in In- bzw. Exspiration angefertigt wurden, ist die Detektion von schlecht ventilierten Lungenbereichen möglich. Hierbei handelt es sich in erster Linie um Areale mit einer exspiratorischen Obstruktion. Eine Quantifizierung ist durch Dichte- und Flächenmessungen möglich. Eine zeitlich hochaufgelöste Untersuchung der gesamten Lunge ist nicht möglich. Vielmehr kann einerseits mittels einer Spiral-CT auf der Stelle (ohne Tischvorschub; sogenannte Multirotationsaufnahme), eine hohe zeitliche Auflösung (rechnerisch 100 ms) bei der Darstellung dieser einen Schicht erreicht werden [ 1 ], während für die Erfassung des gesamten Lungenvolumens andererseits ca. 5 Sekunden (Mehrschicht-Spiral-CT) erforderlich sind. Darüber hinaus kommen auch dedizierte Bildnachverarbeitungsstrategien, z. B. Emphysemindex, Volumetrie der ventilierten Lunge [ 2 ] zum Einsatz. Die Belüftung der Lunge kann jedoch mit diesen Strategien, die sich des unterschiedlichen Luftgehalts bedienen, nicht direkt abgebildet werden. Einzelne Ansätze zur direkten Ventilationsdarstellung wurden experimentell getestet, konnten sich aber in der klinischen Anwendung nicht durchsetzen. Diese umfassen die Inhalation eines Xenon-Sauerstoffgemisches (30 - 75 % Xenon)...

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