Abstract
1. Zur Aufklärung der Ursachen der Interferenzpunktstreuung wird eine Versuchsanordnung entwickelt, mit deren Hilfe eine streng monochromatische Röntgenstrahlung erzeugt werden kann, die nur noch Cu-Kα1 enthält. Dies geschieht a) durch Monochromatisierung und Fokussierung der Primärstrahlung mit Hilfe eines gebogenen und angeschliffenen Quarzkristalles und durch Ausblendung von Cu-Kα1 genau an der Fokussierungsstelle mittels eines 0,015 mm breiten Silberspaltes; b) durch Anwendung eines Doppel-Kristallmonochromators in der Anordnung nach Guinier. Die erste Methode erweist sich im vorliegenden Fall trotz größerer Justierungsschwierigkeiten als geeigneter, vor allem weil kürzere Expositionszeiten benötigt werden (12-15 Stdn.). 2. a) Auf Röntgenrückstrahlaufnahmen nach den obigen Verfahren an grobkörnigem, spannungsfreiem Aluminium vom Reinheitsgrad 99,999% mit reiner Cu-Kα1-Strahlung wird fest-gestellt, daß alle Interferenzpunkte auf den zugehörigen Debye-Scherrer-Ring zu liegen kommen. Dies bedeutet, daß alle Kristallite eine einheitliche Gitterkonstante haben innerhalb einer Schwankungsbreite von ± 0,05 XE. b) Bei Aufnahmen unter denselben Bedingungen an elektrolytisch hergestelltem und im Vakuum spannungsfrei geglühtem Chrompulver treten Streuungen der einzelnen Interferenz-punkte auf. Dies bedeutet, daß die Gitterkonstanten in den einzelnen Kristalliten selbst und von Kristallit zu Kristallit verschiedene Werte haben. Die Werte der Gitterkonstanten er-strecken sich über ein Intervall von ± 0,4 XE. c) Wird das gleiche Chrompulver im Hochvakuum einige Zeit bei einer Temperatur knapp unter seinem Schmelzpunkt (über 2000° C) ausgeglüht und auf diese Weise von eingeschlossenen Gasen befreit, so wird ein einheitlicher Wert der Gitterkonstanten innerhalb einer Schwankungsbreite von ± 0,06 XE erhalten. 3. Die Interferenzpunktstreuung ist also bei sehr reinen Elementen nicht eine Eigenschaft der Stoffe, sondern eine Folge nicht ausreichender Monochromatisierung der Primärstrahlung. 4. Ist die durch die natürliche Linienbreite der Spektrallinien und geometrische Faktoren des Abnahmeverfahrens bedingte Breite des Debye-Scherrer-Ringes größer als die Ausdehnung der Einzelreflexe, dann liegen auch bei bester Monochromatisierung der Strahlung die einzelnen Reflexe über diesen Bereich verstreut. Zur Ausschöpfung des ganzen Reflexionswinkelbereiches wird die Probe um kleine Winkelbeträge während der Aufnahme gedreht (Kippverfahren). 5. Diese Erkenntnis ermöglicht ein Verfahren, welches Präzisionsmessungen von Gitterkonstanten an grobkristallinen Stoffen auch ohne streng monochromatische Strahlung gestattet. Die Probe wird um kleine Winkelbereiche (± 2°) während der Aufnahme gekippt. Dabei entstehen an Stelle jedes einzelnen Reflexes spektrale Streifen, deren Schwärzungsmaxima auf den Reflexionsringen der Eigenstrahlungen liegen. Eine sichere Zuordnung einzelner Reflexe zu bestimmten Wellenlängen ist damit möglich. 6. Durch Anwendung des Kippverfahrens lassen sich röntgenographische Spannungsmessungen auch an grobkörnigen Metallen ausführen. Insbesondere können die Spannungszustände einzelner Kristallite ermittelt werden.