Abstract
Die Misteltherapie in der komplementärmedizinische Behandlung von Tumorerkrankungen befindet sich nach wie vor in einem spannungsreichen Feld zwischen langjährigen Erfahrungen und unterschiedlichen präklinischen und klinischen Forschungsergebnissen. Im Update 2001 zu komplementären Maßnahmen in der Onkologie zählt J. Beuth neben der Beratung zu Ernährung, Bewegung und Psychoonkologie folgende Behandlungen zu den wissenschaftlich begründeten komplementäronkologischen Maßnahmen: die Enzymtherapie, die Substitution von Vitaminen, Mineralien oder Spurenelementen und die Behandlung mit Mistelextrakten oder immunmodulatorischen Peptiden wie den Thymuspeptiden [[ 1 ]]. Die Mistelextrakte gehören zu den häufigsten Präparaten, die bei Tumorpatienten in Deutschland naturheilkundlich ergänzend angewandt werden. Von therapeutischem Interesse sind sowohl die Wirkungen von Mistelpräparaten auf das Immunsystem und Tumorgeschehen als auch die Auswirkungen auf die Lebensqualität von Tumorpatienten. Immer wieder ist die ärztliche Beobachtung möglich, dass sich unter einer Misteltherapie das Allgemeinbefinden verbessert. Verschiedene Beschwerden, krankheitsabhängige und therapiebedingte physische und psychische Symptome können verbessert werden, sowohl in der kurativen als auch in der palliativen Situation. Auf einem hohen Kenntnisstand befindet sich die präklinische, vor allem immunologische Forschung mit Mistelextrakten und extrahierten Wirkstoffen wie dem Mistellektin, Viscotoxin und anderen Inhaltsstoffen. Vielfältige immunmodulatorische, immunstimulierende und immunrestaurierende sowie antitumoröse und zytotoxische Wirkungen wurden dabei nachgewiesen, auf die hier nur beispielhaft verwiesen werden kann [[ 2 ]]. Unterschiedliche klinische Studien erbrachten indes insgesamt kein eindeutig zu bewertendes Forschungsergebnis. Dies wurde auch in mehreren Metaanalysen und Reviews bestätigt [[ 3 ], [ 4 ], [ 5 ], [ 6 ]]. Es zeigen sich verschiedene, teils widersprüchliche, teils erfolgversprechende, aber auch wissenschaftlich fragwürdige Ergebnisse. Bislang konnte kein sicherer Wirksamkeitsnachweis von Mistelpräparaten erbracht werden. Auch der sichere Nachweis einer längeren Lebenszeit oder Rezidivfreiheit steht noch aus. Neben Studien ohne Benefit durch eine Misteltherapie gibt es Hinweise auf eine erwünschte immunmodulatorische Wirkung, auf eine Verbesserung der Lebensqualität und auf eine längere Lebenszeit ([ Tabelle 1 ]) [[ 7 ], [ 8 ], [ 9 ], [ 10 ], [ 11 ], [ 12 ], [ 13 ], [ 14 ]]. Die Konsequenzen aus dieser Diskrepanz zwischen präklinischer Forschung, klinischen Studienergebnissen und ärztlicher Erfahrung sind vielfältig und reichen von der Ablehnung der Misteltherapie als irrational bis zu unüberprüften Heilungserwartungen. Tabelle 1: Therapeutische Wirkung von Mistelpräparaten • Immunmodulatorische Wirkung • Zytotoxische Wirkung auf Tumorzellen • Wirkung auf Allgemeinbefinden und Lebensqualität • Forschungsstand zur Wirkung der Mistel in präklinischen Studien immunmodulatorische und zytotoxische Wirkung nachgewiesen in klinischen Studien Hinweise auf Verbesserung von Allgemeinbefinden/Lebensqualität Hinweis auf immunmodulatorische Wirkung kein Nachweis einer längeren Überlebenszeit / Rezidivfreiheit bislang kein eindeutiger Wirksamkeitsnachweis der Misteltherapie Die indikationsangepasste Mistelextraktbehandlung kann trotz aller wissenschaftlichen Kontroverse sinnvoll sein. Dabei sind sowohl Tumorentität, Tumorstadium und Behandlungsphase zu berücksichtigen sowie das Allgemeinbefinden, weitere Erkrankungen und gegebenenfalls immunologische Befunde. Eine Verbesserung der Lebensqualität ist nicht nur in der Naturheilkunde ein wichtiges Ziel bei der Behandlung onkologischer Patienten. Aus den verschiedenen klinischen Studien gibt es keine Hinweise auf eine nachteilige Wirkung der Misteltherapie auf das Immunsystem und Tumorgeschehen, obwohl insgesamt die Vorteile nicht gesichert sind, was von wissenschaftlicher Seite als im Hauptzielkriterium überprüft einzuschätzen ist. Eine Ausnahme stellen lediglich primär maligne lymphatische und hämatologische, also von immunaktivem Gewebe ausgehende Tumorerkrankungen dar, bei denen eine Mistelextraktbehandlung relativ kontraindiziert ist. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand wird die Misteltherapie mit standardisierten Extrakten durchgeführt. Für die praktische Anwendung sind etliche Präparate geeignet, die sich nach der Mistelsorte, bzw. dem Wirtsbaum, nach dem Lektingehalt und anderen Inhaltsstoffen unterscheiden und für verschiedene Behandlungsprinzipen hergestellt sind. Gemäß einem anthroposophischen oder rein phytotherapeutischen Therapieprinzip gibt es verschiedene Präparatepackungen mit unterschiedlicher Extraktzusammensetzung und Dosierung, daneben auch noch homöopathische Präparate ([ Tabelle 2 ]). Tabelle 2: Präparate Mistelextrakte aus verschiedenen Mistelsorten (prozess-/biologisch standardisiert) Mistelsorte durch Wirtsbaum bestimmt Lektingehalt standardisiert/nicht standardisiert (lektinstandardisiert) Therapieprinzip anthroposophisch oder phytotherapeutisch oder auch homöopathisch Präparate: Iscador® M,P,Qu,U Serienpack. 0-3, mit / ohne Metallzusätze, Iscador M,Qu spez. (Weleda), Helixor® A,M,P Serienpack. (Helixor), Vysorel® A,M,P (Novipharm), Eurixor® (biosyn), Lektinol® (Madaus), Cefalektin® (Cefak), ABNOBAviscum® (Abnoba), Iscucin® (Wala) Die Auswahl und Dosierung von Mistelpräparaten wird durch Anwendungsschemata und einen Infoservice der jeweiligen Hersteller vereinfacht ([ Tabelle 3 ]). Die Applikation erfolgt üblicherweise subkutan 2 - 3 × pro Woche und kann...

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