Die toxische epidermale Nekrolyse (TEN) ist gekennzeichnet durch einen häufig dramatischen Verlauf und hohe Letalität. Sepsis (hauptsächlich verursacht durch Staphylococcus aureus und Pseudomonas aeruginosa) ist die mit Abstand häufigste Todesursache. Prognostisch ungünstig sind eine großflächige Ausdehnung der Blasenbildung, schwere Begleiterkrankungen sowie ein höheres Lebensalter. Das therapeutische Vorgehen ist umstritten. Vor allem die extreme Seltenheit und die nach wie vor unklare Pathogenese der Erkrankung erschweren die Durchführung von kontrollierten Therapiestudien. Auch muss die Entscheidung hinsichtlich einer bestimmten Therapie zu einem frühen Zeitpunkt getroffen werden, wobei gerade im Anfangsstadium nicht immer eindeutig erkennbar ist, ob sich letztlich ein SJS oder eine TEN entwickeln wird. [ 7 ] [ 11 ] [ 12 ]. Räumliche Unterbringung Patienten mit einer ausgedehnten TEN (v. a. bei deutlicher Lungenbeteiligung und schwerwiegenden Begleiterkrankungen) sollten der Intensivabteilung eines Verbrennungszentrums zugeführt werden. Bei flächenmäßig weniger ausgeprägten Fällen und relativ gutem AZ genügt die stationäre Therapie in einer dermatologischen Klinik mit entsprechender Infrastruktur und TEN-Therapiererfahrung in Umkehrisolation [ 5-7 ] [ 12 ]. Systemische medikamentöse Therapie Tab.1 Glukokortikosteroide (GK) Die systemische Applikation ist umstritten, zumal es nicht selten unter GK-Medikation (aufgrund einer vorbestehenden Erkrankung) zu einer TEN-Manifestation kam 12. In einer älteren, unkontrollierten Studie wurden 15 SJS-/TEN-Patienten mit einer Gruppe von 15 Patienten verglichen, die keine GK bekamen 3. Die Letalität in der zweiten Gruppe lag deutlich niedriger als in der GK-Gruppe, bei gleicher Sepsishäufigkeit. Die Aussagefähigkeit dieser viel zitierten Studie ist stark eingeschränkt v. a. wegen der Vermischung und Ungleichverteilung der SJS- und TEN-Patienten sowie der unterschiedlichen Altersstruktur (GK-Patienten im Durchschnitt 9 Jahre älter). Außerdem waren in der GK-freien Gruppe 11 von 15 Patienten bereits vor der Aufnahme mit GK vorbehandelt, so dass das Ergebnis als Argument für eine kurze frühzeitige Kortikoid-Medikation interpretiert werden kann. Wir setzen GK in der Initialphase vor Manifestation der großflächigen Epidermolyse über maximal 7 Tage ein 5 12 14 . Tab. 1 Toxische epidermale Nekrolyse (TEN): Systemische medikamentöse Therapie der Akutphase. Glukokortikosteroide (Initialphase mit wenigen Blasen) z. B. Tag 1 - 6: 250, 100, 100, 100, 50, 20 mg Prednisolon-Äquivalente (CAVE:hochdosierte Langzeitthapie) Polyvalentes humanes 7-S-Immunglobulin G (0,4 - 0,75 g/kg KG i. v.) über 4 - 7 Tage; (CAVE: gelegentlich passagere Temperaturerhöhung!) Acetylcystein (3x600 mg p. o., s. u.) Alternativ in derAkutphase (Monotherapie oder als Kombination): N-Acetylzystein (4 x 2 g i. v. tgl.) über ca. 1 Woche; Ciclosporin A (4-5 mg/kg KG tgl.) über ca. 1 Woche; Plasmapherese (2-5 Zyklen, 2-tägig, kompletter Plasmaaustausch pro Zyklus); Analgesie Zentral wirksame Analgetika, Auswahl nach Anamnese Thromboseprophylaxe Standardheparin (2- bis 3-mal täglich 5.000 Einheiten s. c. oder i. v.), alternativ niedermolekulares Heparin (1- bis 2-mal täglich 1 750 - 3 000 Anti-FXa-Einheiten s. c.) Expektorantien (Acetylcystein p. o.) Antibiotika Bei klinischem Sepsis-Veracht, bei spezifisch nachgewiesenen Erregern, Leukopenie (prophylaktisch), dabei Auswahl wenigverdächtiger Substanzen (Macrolide, Imipenem). Tab. 2 Toxische epidermale Nekrolyse (TEN): Allgemeine therapeutische Maßnahmen. Stationäre Aufnahme (Einzelzimmer/Umkehrisolation; Basisdiagnostik) Dermatologische Klinik mit Therapieerfahrung, ggf. Intensivstation/Verbrennungszentrum (v. a. bei deutlicher pulmonaler Beteiligung) Aufnahme-Reinigungsbad (siehe auch Tab. 3 ) Sofortiges Absetzen aller vital nicht indizierten bzw. verdächtigen Medikamente Lagerung im Spezialbett mit variablen Lagerungsmöglichkeiten und Temperatureinstellung (Luftkissenbett) Kardiales Monitoring (EKG), Pulsoxymeter Ggf. intravenöse Zugänge (so kurz wie möglich) Blasenkatheter nur bei Harnretention Volumen-, Elektrolyt- und Kolloidausgleich (kontrolliert nach Ausscheidung, ZVD, Serumelektrolyten und -Albumin) In den ersten 24 h: z. B. modifizerites EVANS-Schema: 0,7 - 1,0 ml Ringer- oder isotonische NaCl-Lösung/kg KG/% KOF sowie 1 ml/kg KG/% KOF einer 4 %igen Humanalbumin-Lsg. Magensonde bzw. parenterale hochkalorische und proteinreiche Ernährung Ulkusprophylaxe (z. B. Sucralfat, Magaldrat p. o.) Maschinelle Beatmung/maschinell unterstützte Spontanatmung (falls indiziert) Physiotherapie (ab dem ersten Tag, einschließlich Atemgymnastik) Humane Immunglobuline (HIG) Gepoolte humane Immunglobuline (IgG als Hauptfraktion) blockieren spezifisch den Fas-Apoptose-Rezeptor und verhindern den Fas-Liganden-mediierten Zelltod. In einer offenen, nicht kontrollierten multizentrischen Studie wurden 7 SJS- und 3 TEN-Patienten mit HIG (0,2 - 0,75 g/kg KG i. v. über jeweils 4 Tage) behandelt. In allen Fällen wurde eine rasche Unterbrechung der Progression innerhalb von 1 - 3 Tagen sowie ein schnelles Abheilen der Hautveränderung beobachtet (15, L. French: persönl. Mitteilung). Der positive Effekt der HIG-Behandlung wird durch weitere kasuistische Mitteilungen belegt 5 13. So wurden von unserer Arbeitsgruppe 3 Patienten (26, w, 86 % KOF; 52, m, 68 % KOF, Bronchialkarzinom mit Hirnmetastasen; 40, w, 59 % KOF, Epilepsie) jeweils unmittelbar nach Manifestation der Epidermolyse mit HIG (Venimmun N®, 0,4 g/kg KG i. v.) über 3 bis 5 Tage (kombiniert mit Steroiden) erfolgreich behandelt. Bei den beiden erstgenannten Patienten 5 basierten die Therapieversuche auf seit...