Abstract
Zusamenfassung 1. Es wird über erbpathologische Ergebnisse bei Nachuntersuchung von 235 Zwillingspaaren in den Jahren 1951-52 berichtet. Die Erstuntersuchung erfolgte durch das Erbbiologische Universitäts-Institut Frankfurt in den Jahren 1935-41 und umfasste 1695 Paare. Von diesen konnten 444 wieder erfasst werden. Um einen Längsschnitt-Vergleich zu ermöglichen, wurden hiervon nur diejenigen Paare berücksichtigt, bei denen gelegentlich der Erstuntersuchung beide Partner zugegen waren (102 EZ- und 133 ZZ-Paare). 2. In kasuistischer Darstellung wird, nach Krankheitsgruppen gegliedert, der durch Untersuchung der Probanden erhobene Befund wiedergegeben und durch Heranziehung von Krankengeschichten ergänzt. Auf die Anamnese zwischen Erst- und Nachuntersuchung wurde hierbei besonderer Wert gelegt. Das Konkordanz/Diskordanz-Verhältnis wird erörtert und die Bedeutung einer Längsschnitt-Betrachtung betont. 3. Die Ergebnisse werden mit denen v. Verschuers bei Nachuntersuchung der Tübinger Zwillinge verglichen. Im Unterschied zu v. Verschuer, dessen Darlegung sich hauptsächlich auf die während einer Beobachtungszeit von 25 Jahren aufgetretenen Krankheiten unter besonderer Berücksichtigung der Umweltverhältnisse bezieht, befasst sich die Nachuntersuchung der Frankfurter Zwillinge — da es sich um ein noch nicht veröffentliches Material handelt — mit dem Krankheitsgeschehen, das im Leben dieser Zwillinge bisher aufgetreten ist. Trotz der damit gegebenen verschiedenartigen Ausgangssituation und Fragestellung ergibt sich in beiden Zwillings-Serien als überraschendes Ergebnis das deutliche Uberwiegen diskordanter Fälle. Das gilt auch da, wo mutmasslich die vorwiegende Ursache einer Erkrankung die Erbanlage ist oder wo die Erbanlage, wie bei der Tuberkulose, zumindest eine wesentliche Rolle für das Zustandekommen der Erkrankung bildet. Hieraus erhellt die Bedeutung einer Längsschnittbetrachtung, zumal ganz offensichtlich die Erb-Umwelt-Analyse nicht nach dem polaren Denkschema des Zustandsbildes krank oder gesund ausgerichtet sein kann. Es kommt vielmehr auf eine dynamische Betrachtung an, die sich nicht nur für das Kranksein, sondern vor allem auch für das Krank-Werden und Gesund-Bleiben interessiert. Die Feststellung des Konkordanz/Diskordanz-Verhältnisses ist hierbei ein wichtiger Querschnitt, der aber mehrfach gelegt werden muss, um Einblick in das Zustandekommen eines Krankheitsgeschehens zu erhalten.