Protonen in Gläsern

Abstract
Kernmagnetische 1H- und 29Si-Resonanzuntersuchungen und die Veränderungen des OH-Infrarotspektrums dienten dazu, Aussagen über den Einbau von Protonen in Gläser und über die Nahstrukturen binärer Alkalisilikatgläser zu erhalten. Die Linienformen der Protonenresonanz können durch magnetische Dipolwechselwirkungen mit 7Li-, 23Na-, 39K-, 133Cs- bzw. 29Si-, 11B-, 27Al- und 207Pb-Kernmomenten erklärt werden. In Alkalisilikatgläsern unterscheidet sich die Nahstruktur im Mittel nicht, wenn Li+ durch Na+, K+ und Cs+ ersetzt wird. In der gleichen Reihenfolge steigt aber die Tendenz zur Aufnahme von Wasserstoff in das Netzwerk, der in Form von H+-Ionen vorliegt. Diese sind an O⁻-Ionen gebunden, die sich an den durch Alkaliionen erzeugten Trennstellen befinden. Die magnetischen Resonanzergebnisse sind mit einem Modell verträglich, in dem jeweils zwei Alkaliionen bzw. ein Alkaliion und ein Wasserstoffion als Pärchen im Abstande von etwa 2 Å auftreten. Durch Vergleich mit Protonenresonanzen bekannter polykristalliner Substanzen wurde die Protonenkonzentration in zahlreichen Glassorten bestimmt und mit der Glaszusammensetzung, der Herstellung und dem Infrarotspektrum zwischen 2 und 7 μ verglichen. Es ist nicht möglich, einen universellen Eichfaktor für eine der OH-Schwingungen im Glas anzugeben, mit dem man mittels der Infrarotmethode die Protonenkonzentration berechnen kann. Die IR-Spektroskopie ist dafür in der Lage, noch Konzentrationen von 0,1 · 1018 Protonen pro cm3 zu erkennen, während die Empfindlichkeitsgrenze der Protonenresonanz bei 2 · 1018/cm3 liegt.