Über Erfrierungen1

Abstract
Auf Grund der Erfahrungen an 632 Fällen, die durch 3 Monate beobachtet wurden, wird eine umfassende Betrachtung der Entstehung, der Erscheinungsformen und der Behandlung von Erfrierungen aller Grade angestellt. Nicht die rein äußerliche Beurteilung der Frostschäden nach Art der Verbrennungsgrade, sondern das pathologischphysiologische Geschehen bestimmen weitgehend die Therapie. Die Aufgabe der Frühbehandlung ist es, den durch Kältereiz auf die vasomotorischen Elemente der Gefäßwände entstandenen Spasmus mit allen seinen Folgen bis zur Nekrose zu lösen. Heilmaßnahmen am Sympathikus stehen hier im Vordergrund. Als einfachste Art wird die von den Russen erprobte und geübte periphere Novocainblockade (an der Grenze zum erfrorenen Körperabschnitt) zur Anwendung als Frühbehandlung in den vordersten Sanitätseinrichtungen vorgeschlagen. Es wird über Erfahrungen bei der weiteren Behandlung im Lazarett, die durch vergleichende Beobachtungen an je 30—50 gleichgelagerten Fällen gewonnen wurden, berichtet. Über die anzuwendenden Maßnahmen, vor allem bei schwersten Fällen, wird als Ergebnis erkannt: Die Trockenbehandlung ist die Methode der Wahl. Die Anwendung von Marfanil-Prontalbin-Puder bei gleichzeitigem Luftzutritt an die ruhiggestellten und hochgelagerten Gliedmaßen hat sich wegen der Wirkung bei der fast stets vorhandenen Mischinfektion bewährt. So gelang es, in fast allen Fällen die feuchte Gangrän in einen trockenen Brand zu verwandeln, ohne chirurgische Maßnahmen ergreifen zu müssen. Die als feuchte Behandlung wirkende und schlechte Ergebnisse zeitigende Verwendung von Salben (Lebertran) bei schmierigen Frostwunden und Gangrän wird abgelehnt. Mit genauest dosierter Kurzwellendurchstrahlung, deren Anwendungsmöglichkeit und -art ausführlich beschrieben wird, wurde die Demarkierung, die natürliche Abstoßung, die Austrocknung und schließlich Epithelisierung wesentlich beschleunigt. Nur in 2 Fällen mußte abgesetzt werden; in allen anderen führten die konservativen Maßnahmen zum Ziel.