Fortschritte auf dem Hetarin‐Gebiet

Abstract
In den letzten Jahren bemühte man sich weniger als zwischen 1958 und 1964 um Hinweise auf das intermediäre Auftreten immer weiterer Hetarine als vielmehr um kritische Sichtung und Sicherung des früher erarbeiteten Versuchsmaterials. Besonderes Interesse fand der Zusammenhang zwischen Struktur und Reaktivität der Hetarine. – Es wurde gezeigt, daß es für nucleophile Cine‐Substitutionsreaktionen an Hetarylhalogeniden außer dem Eliminierungs‐Additions‐Mechanismus (EA; Hetarin‐Zwischenstufe) noch andere Reaktionswege (anomaler Additions‐Eliminierungs‐Mechanismus [AEa] und „Reinecke‐Mechanismus”︁) gibt. Zur Klärung des Mechanismus nucleophiler Substitutionsreaktionen an Hetarylhalogeniden erwies sich die Anwendung deuterierter Hetarylhalogenide als sehr nützlich. Ein als „Basenkonkurrenz‐Methode”︁ bezeichnetes Verfahren ermöglicht, auch bei Überlagerung von Substitutionsmechanismen das Auftreten einer Hetarin‐Zwischenstufe zu erkennen. Diese Methode erlaubte, erstmals ein fünfgliedriges Hetarin (4,5‐Didehydro‐1‐methyl‐imidazol) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen. Selektivitätsbestimmungen zeigten, daß der Ersatz einer CH‐Gruppe durch ein N‐Atom im 1,2‐Didehydro‐benzol und ‐naphthalin die Reaktivität gegenüber Basen deutlich erhöht. – Nach EHT‐Berechnungen (Extended Hückel Theory) ist das bisher noch hypothetische 2,3‐Didehydro‐pyridin energiereicher als 3,4‐Didehydro‐pyridin, was den experimentellen Befunden besser entspricht als die entgegengesetzte Aussage einfacher MO‐Berechnungen. – Außer Cine‐Substitution (1,2‐Verschiebung) wurde bei der Baseneinwirkung auf Hetarylhalogenide (Pyridin‐, Chinolin‐ und Pyrimidin‐System) auch Tele‐Substitution (1,3‐Verschiebung) beobachtet. Für die Tele‐Substitution werden alternativ ein EA‐Mechanismus (über m‐Didehydro‐hetarene) und ein AEa‐Mechanismus in Betracht gezogen.