Abstract
Gute Behandlungserfolge mit oralen antidiabetischen Substanzen sind zu erwarten bei Verständnis und Berücksichtigung des Wirkungsmechanismus, auch wenn dieser noch nicht in allen Einzelheiten erforscht ist. Unter Zugrundelegung des neuesten Schrifttums und anhand eigener Untersuchungsergebnisse wird deshalb versucht, aus den bisher über die Wirkungsweise der oralen Antidiabetika gewonnenen Resultaten einen bestimmten Indikationsbereich abzugrenzen. Während die Sulfonylharnstoffderivate (= SuH) bereits einen fest umschriebenen Platz in der Diabetes-Therapie besitzen, bedarf es bei den Biguaniden weiterer klinischer und experimenteller Forschungen, um ihre Brauchbarkeit zu erweisen. — Die blutzuckersenkende Wirkung der SuH wird im allgemeinen entweder durch eine Stimulierung der insulinproduzierenden B-Zellen des Pankreas oder durch die Hemmung gewisser Leberenzyme erklärt. Wenn man auch annehmen darf, daß beide Mechanismen die Ergebnisse nach SuH-Applikation mitbestimmen, scheint für den Kliniker doch der Pankreaseffekt im Vordergrund zu stehen. Für eine Therapie mit SuH sind nur jene Diabetiker geeignet, bei denen noch funktionsfähiges Inselgewebe vorhanden und eine B-Zellen-Stimulierung möglich ist. Erfahrungsgemäß trifft dieses Kriterium in erster Linie auf Patienten zu, deren Diabetes sich nach dem 40. Lebensjahr manifestierte und die nicht mehr als 20—30 E Insulin pro die injiziert haben. Eine wertvolle Ergänzung dieser nicht immer zuverlässigen Indikationsmerkmale ist durch Anwendung eines einfachen Tabletten-Schnelltests gegeben, bei dem die Senkung des Nüchternblutzuckers auf annähernd normale Werte durch eine einmalige Gabe von 3,0 g SuH gute Dauerresultate der Therapie wahrscheinlich macht. Als echter Therapieerfolg wird angesehen, wenn eine möglichst normoglykämische und weitgehend aglykosurische Einstellung zu erreichen ist. Als eines der wichtigsten „Indikationsmerkmale” der SuH hat die Zuverlässigkeit des Patienten zu gelten, der in der Lage und willens sein muß, konsequent eine strenge Diät einzuhalten. Unterschiede zwischen deutschen und amerikanischen Auffassungen existieren besonders hinsichtlich der Präparate vom Typ des BZ 55, die in Nordamerika wegen der beobachteten toxisch-allergischen Nebenwirkungen nicht zur Anwendung kommen. — Für den blutzuckersenkenden Effekt der sog. Biguanide (DBI, DBB, DBTU) ist das Vorhandensein eines noch funktionsfähigen Pankreas offenbar nicht entscheidend. Diese Stoffe wirken anscheinend über eine Beeinflussung des Leber- und Muskelstoffwechsels im Sinne einer Einschränkung der Glukoneogenese und einer Steigerung der anaeroben Glykolyse. Zurückhaltung in der therapeutischen Verwendung der Substanzen ist vorläufig unbedingt erforderlich, da Parallelen zu älteren Guanidinpräparaten — auch hinsichtlich der beim Patienten gelegentlich zu beobachtenden gastrointestinalen Nebenwirkungen — unverkennbar sind. Allerdings wurden auch nach mehr als einjähriger Applikation bisher keinerlei Hinweise auf Schäden an Leber, Niere oder Knochenmark beobachtet. Falls sich das Fehlen chronischer toxischer Nebenerscheinungen auch weiterhin bestätigt, wird empfohlen, die Biguanide bei jenen Diabetikern zu verwenden, bei denen die Insulin- und die SuH-Therapie unbefriedigende Ergebnisse zeitigte oder aus äußeren Gründen überhaupt unmöglich war. Based on published reports and a wide personal experience the indications for the use of oral antidiabetic drugs is reviewed, taking special account of the present views of their mechanism of action. While the sulphonyl urea derivatives (SuU) have attained a well-defined place in the treatment of diabetes, the use of the biguanidines remains uncertain. — The blood-lowering action of SuU is generally explained either by a stimulating effect on the (insulin-producing) β cells of the pancreatic islets or an inhibitory effect on certain liver enzymes. Although it is likely that both mechanisms are involved, clinically it is the direct effect on the pancreas which predominates. Thus SuU show best results in those diabetics in whom functioning islet tissue persists with cells capable of being stimulated. This includes largely those patients who develop clinical diabetes after the age of 40 and who require no more than 20—30 U of insulin daily. However; these criteria are not always reliable and a simple and quick test is advised: if the fasting blood sugar level can be reduced to near normal values with a single dose of 3.0 Gm of SuU, good results can be expected from treatment with these oral antidiabetics. Results are considered good, if it is possible to establish nearly normal blood sugar levels and largely absent urinary sugar excretion; but it is essential that patients are conscientious in eating the prescribed strict diet. German and American views differ solely in the use of BZ 55 (Carbutamide), which is not employed any longer in the Anglo-Saxon countries, because of its potentially toxic side effects. — The so-called biguanidines do not depent in their hypoglycaemic effect on the presence of functioning islet tissue. They apparently act via an influence on liver and muscle metabolism, decreasing gluconeogenesis and increasing anaerobic glycolysis. Caution in their use is advised in view of their relationship to guanidines, which are known to cause serious side effects. However, it is pointed out that, after using the drug on an experimental clinical basis for more than a year, there have been no instances of liver, kidney or bone marrow damage. If no chronic toxic side effects are observed in the future, it is suggested that the biguanidines be tried in those diabetics with whom insulin and SuU treatment have given unsatisfactory results or cannot be used...

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