Abstract
Die Beziehungen zwischen der Wirkung potentieller synaptischer Überträgersubstanzen und Krampf werden anhand der vorliegenden Literatur analysiert. Für die drei Substanzen bzw. Substanzengruppen Acetylcholin, Monoamine und Aminosäuren wird einerseits untersucht, inwieweit sie nach unseren heutigen Kenntnissen als Überträgersubstanzen im Zentralnervensystem in Frage kommen, andererseits wird geprüft, in welcher Weise Veränderung der Aktivität dieser Funktionssysteme die Krampf beeinflußt. Dies führt zu den folgenden Ergebnissen: 1. Acetylcholin Die exzitatorische Überträgerfunktion des Acetylcholins (ACh) im ZNS ist für einzelne Strukturen weitgehend gesichert. Sowohl durch muskarinartige als auch durch nikotinartige cholinerge Mechanismen kann lokale oder generalisierte Krampftätigkeit ausgelöst werden. Unter gewissen Versuchsbedingungen unterdrückt aber die Aktivierung cholinerger Mechanismen pathologische Entladungstätigkeit bzw. die Hemmung cholinerger Mechanismen durch Atropin und Antiparkinsonkörper kann die Krampftätigkeit unter Umständen auch fördern. Durch andere Krampfgifte und Noxen (Pentetrazol, Strychnin, Aluminiumhydroxyd) ausgelöste Krämpfe werden durch cholinerge Blockade wenig beeinflußt. Es besteht auch kein Anhalt dafür, daß Anomalien im ACh-Stoffwechsel bei der kryptogenen Epilepsie kausale Bedeutung zukommt. 2. Monoamine Katecholamine wie Noradrenalin und Dopamin sowie 5-Hydroxytryptamin hemmen die Entladungstätigkeit der Mehrzahl der Neurone des ZNS; die Überträgerfunktion dieser Substanzen ist sehr wahrscheinlich, doch bis heute nicht letztlich gesichert. Die Synopsis der pharmakologischen Befunde gibt ein relativ einheitliches Bild und zeigt, daß die Krampferregbarkeit des ZNS in hohem Maße durch seinen Gehalt an biogenen Aminen bestimmt wird. Verminderung der Monoamine führt zu abnormer Erregbarkeitssteigerung mit erniedrigter Schwelle für krampfauslösende Noxen; Erhöhung des Aminspiegels geht mit beträchtlicher Erhöhung der Krampfschwelle einher. Bei diesen Veränderungen kommt offenbar den Katecholaminen eine größere Bedeutung zu als dem 5-Hydroxytryptamin. Die Verminderung der Krampferregbarkeit durch Amphetamin und Thymoleptika dürfte ebenfalls über adrenerge Mechanismen zustande kommen. Bei der antikonvulsiven Wirkung der Carboanhydratasehemmer scheinen Katecholamine eine wesentliche Rolle zu spielen. 3. Aminosäuren Neutrale Aminosäuren wie Glycin und Gamma-Aminobuttersäure (GABS) haben im ZNS mit sehr großer Wahrscheinlichkeit inhibitorische Überträgerfunktionen. Saure Aminosäuren, z. B. Glutaminsäure, wirken aktivierend auf die neutrale Entladungstätigkeit. Ihre Überträgerfunktion ist wahrscheinlich, aber nicht gesichert. Eine antagonistische Beeinflussung der Krampferregbarkeit durch Glutaminsäure und GABS zeigt sich in verschiedenen Versuchsanordnungen, z. B. der Beeinflussung des Glutaminsäure-GABS-Stoffwechsels des Gehirns durch Gifte; im einzelnen bleiben aber viele Fragen offen. Diesem für das Gehirn spezifischen Stoffwechselweg kommt eine besondere Bedeutung zu, da sich hier Stoffumsetzung und Steuerung neuronaler Erregbarkeit treffen. – Die Krampfwirkung des Strychnins dürfte weitgehend durch die Interaktion mit Glycin im Rückenmark zu erklären sein. Für die Pikrotoxinwirkung scheint die Aufhebung sowohl prä- als auch postsynaptischer Hemmvorgänge – wobei letztere wahrscheinlich durch inhibitorische Aminosäuren vermittelt werden – von Bedeutung zu sein. Für den Wirkungsmechanismus der klassischen Antikonvulsiva spielt Beeinflussung des Aminosäurestoffwechsels offenbar keine wesentliche Rolle. Diese heute vorliegenden Ergebnisse sollen Anlaß sein, beim Studium des Krampfes mehr als bisher der synaptischen Erregungsübertragung und deren Beeinflussung durch Pharmaka Beachtung zu schenken. Insbesondere auf dem Gebiet der biogenen Amine und der Aminosäuren dürfte die Verfolgung solcher Gesichtspunkte Fortschritte bringen. * In Anlehnung an ein auf der Tagung des Gesamtverbandes der Deutschen Nervenärzte in Wiesbaden (12. bis 15.10.1968) gehaltenes Referat. Correlations between the action of pontential synaptic transmitter substance and seizure are analysed on the basis of available literature. For the three groups of substances, acetylcholine, monoamines and amino acids the possibility, according to our present knowledge, that they could be transmitter substances in the central nervous system (CNS) and in which way seizures are influenced by alterations of the activity of these functional systems are considered. This leads to the following conclusions: 1. Acetylcholine The excitatory transmitterfunction of acetylcholine has been well established for several structures. Muscarine-like as well as nicotine-like cholinergic mechanisms may induce local as well as general seizure activity. Under certain experimental conditions activation of cholinergic mechanisms may inhibit pathological discharge activity and inhibition of cholinergic mechanisms by atropine and antiparkinsonian compounds can promote seizure, however. Seizures induced by convulsive agents (pentetrazol, strychnine, aluminiumhydroxyde) are but little influenced by cholinergic blockade. There is no indication that disturbance in ACh-metabolism could be of causative importance for the kryptogenic epilepsy. 2. Monoamines Catecholamines such as noradrenaline, dopamine and 5-hydroxytryptamine inhibit discharge activity at a majority of neurones in the CNS; the transmitter function of these...

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