Optische und labyrinthäre Auslösung der Lagereaktionen bei Amphibien
- 12 January 1957
- journal article
- Published by Wiley in Zeitschrift Fur Tierpsychologie
- Vol. 14 (4) , 429-447
- https://doi.org/10.1111/j.1439-0310.1957.tb00547.x
Abstract
Zusammenfassung: Bei mäßig schnellen Lagcänderungen (12°/sec) eines Wasserfrosches um die Querachse auf der “Wippe” löst das Auge 18%, das Labyrinth rund 82% der Kompensationsbewegung aus. Das Labyrinth steuert beim Wasserfrosch stärker als das Auge. Nach einseitigem Labyrinthverlust ändert sich das optisch‐labyrinthäre Verhältnis stark zugunsten der optischen Auslöser; nach rund drei Wochen normalisiert es sich jedoch wieder. Gleichzeitig steigt die Leistung des erhalten gebliebenen Labyrinthes an; danach löst es fast ebenso stark aus wie zuvor beide Gleichgewichtsorgane zusammen. Die “zentrale Bewertung” der beiden auslösenden Reize ist variabel. Nach Vorderhirnverlust verschiebt sich das optisch‐labyrinthäre Verhältnis eindeutig zugunsten der labyrinthären Auslöser; dabei bleibt jedoch die Summe der relativen Beiträge beider Sinnesorgane ebenso wie bei einem normalen Tier konstant; auch die Gesamtstärke der optisch‐labyrinthär ausgelösten Kompensationsbewegungen ändert sich kaum. Steigt die Winkelgeschwindigkeit der Lageänderung, so löst das Auge zunehmend schwächer, das Labyrinth aber stärker aus; diese Änderungen des Kräfteverhältnisses sind durch die größere Trägheit des optischen Apparates bedingt. Bei konstanter Winkelgeschwindigkeit, aber verschieden großen Kippwinkeln ändert es sich nicht. Zwischen der Größe des Kippwinkels und der Stärke der Kompensationsbewegung besteht beim Wasserfrosch eine lineare Beziehung. Optomotorische Reizung steigert die labyrinthäre Ansprechbarkeit wie auch umgekehrt. Bei sehr langsamen Lageänderungen können sich statische Reize einschleichen, wenn nicht gleichzeitig optische mitwirken. Wasserfrosche und Grasfrösche verhalten sich dabei artspezifisch verschieden; im ganzen ist der Wasserfrosch für labyrinthäre Reizung empfindlicher. Optische und labyrinthäre Auslösemechanismen der Kompensationsbewegung ermüden bzw. adaptieren völlig unabhängig voneinander. Nach Ermüdung eines von ihnen ändert sich die zentrale Reizbewertung im andern nicht. Wirken während der Lageänderung im gegliederten Umfeld zusätzliche optische Reize in gleicher Richtung ein, so addieren sie sich einfach zu den normalen optisch‐labyrinthären, ohne ihr Kräfteverhältnis zu stören. Wenn labyrinthäre und optische Reize einander entgegenwirken, so subtrahieren sie sich. In der Ontogenese reifen die Funktionen optischer, statischer und dynamischer Apparate der Gleichgewichtserhaltung etwa gleichzeitig heran. “Zentrale Reizbewertungen”, ‐Summationen und ‐Adaptationen werden im Zusammenhang mit ähnlichen Erscheinungen bei der Auslösung von Instinktbewegungen diskutiert.This publication has 25 references indexed in Scilit:
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