Hodenschädigung bei experimenteller Lebercirrhose der Ratte

Abstract
Bei experimenteller Tetrachlorkohlenstoff‐ und Thioacetamid‐Cirrhose der Ratte wurden die männlichen Gonaden histologisch und autoradiographisch nach in vivo‐Inkorporation von 3H‐Thymidin untersucht. Die deutliche Verminderung der 3H‐Thymidin‐Inkorporation in die Spermatogonien ist ein Hinweis für die Hemmung der DNS‐Synthese und damit für die Senkung der spermatogenetischen Aktivität der Hodentubuli bei experimenteller Lebercirrhose. Bei ausschließlich histologischer Beobachtung des Hodens sind diese Veränderungen nicht so evident wie bei der autoradiographischen Untersuchung. Die Atrophie der Samenbläschen und der Prostata weist auf eine Verminderung der endokrinen Funktion des Hodens bei beiden Cirrhoseformen hin. Als pathogenetischer Mechanismus ist eine direkte Schädigung des Hodens durch das verabreichte Gift zumindest bei der Tetrachlorkohlenstoff‐Cirrhose möglich. Außerdem stellt die Verschlechterung des Ernährungs‐ und Stoffwechselzustandes der Tiere beider Cirrhose‐Gruppen eine wesentliche Ursache der primären Hodenschädigung dar. Es wird angenommen, daß es sich nicht um die Folgen eines Gonadotropin‐Mangels handelt, da der Hypophysenvorderlappen ausreichend gonadotrope Zellen enthält. Die Hodenveränderungen bei experimenteller Cirrhose werden also als primärer Hodenschaden gedeutet, eine mangelnde Bereitstellung von gebildetem Gonadotropin kann allerdings nicht ausgeschlossen werden. Die Reaktionsfähigkeit der Hoden auf eine hochdosierte exogene Gonadotropin‐Zufuhr ist bei beiden Typen einer chronischen experimentellen Lebervergiftung bei der Ratte herabgesetzt. Eine zusätzliche Prednisolon‐Behandlung hat bei beiden Lebercirrhose‐Formen keinen günstigen Einfluß auf die beschriebene Hodenschädigung der Ratte.